FONDS exklusiv: Das World Economic Forum zählt Wasserkrisen seit Jahren zu den Top-5-Risiken. Richtet sich der Fokus allein auf Entwicklungs- und Schwellenländer oder sind Industriestaaten bereits gefährdet?
Nedim Kaplan: Weltweit haben 4,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sicheren Sanitäreinrichtungen, und 2,2 Milliarden Menschen mangelt es schlicht an sauberem Wasser. Darauf verweisen die Vereinten Nationen in ihrem diesjährigen Wasserbericht. Schon diese beiden Fakten zeigen, dass Wasserkrisen in vielen Emerging Markets Tag für Tag Menschenleben bedrohen. Aber Ihre Frage ist berechtigt. In den Industriestaaten nimmt die Gefährdung zu – und zwar in doppelter Hinsicht.
Inwiefern, Herr Kaplan?
N. K.: Bedingt durch die Klimakrise ist besonders auf der Nordhalbkugel eine zunehmende Häufung und Intensität von Niederschlägen zu beobachten. Welche katastrophalen Folgen Starkregen haben kann, mussten wir gerade auch in Deutschland leidvoll erfahren. Zweitens bereiten alte Kanalisationssysteme besonders in den USA und Großbritannien erhebliche Probleme, weil dort bis zu 50 Prozent des Trinkwassers durch marode Wasserleitungen im Erdboden versickert. Besonders in klimatisch heißen Regionen wie im Bundesstaat Kalifornien bleibt das nicht ohne Folgen. Dort erlebten Amerikaner bereits, was es bedeutet, wenn die Nutzung von Wasser rationiert werden muss.
In Europa ist die Lage besser, oder?
N. K.: Nur zum Teil, weil die sehr wasserintensive Landwirtschaft in südeuropäischen Ländern wie Italien und Spanien in Trockenperioden auch zu erheblichen Risiken für die Wirtschaft und die allgemeine Gesundheit führt. Ein Problem, das uns auch global vor große Herausforderungen stellt. Denn vor dem Hintergrund einer weiter ansteigenden Weltbevölkerung und globalem Wirtschaftswachstum gehen die Vereinten Nationen auch davon aus, dass der Wasserverbrauch bis 2050 um 50 Prozent zunehmen wird.
Ist das der Grund, warum der Ökoworld Water For Life rund ein Viertel seines Fondsvermögens in den Klimaschutz investiert, also einen Bereich, den man eher im Ökoworld Klima verorten würde?
N. K.: Richtig, wir investieren zwar auch in Windkraft- oder Photovoltaik-Anlagen. Bei unserem Wasserfonds geht es uns aber insbesondere auch um die Förderung von biologischer Landwirtschaft. Denn der Einsatz von Pestiziden belastet nicht nur die Flora und Fauna, sondern auch das Trinkwasser stark, und das Sähen von Monokulturen lässt auf Dauer die Böden erodieren. Konsequenterweise meiden wir daher auch Erzeugnisse aus konventioneller Landwirtschaft. Das gilt zum Beispiel für die wasserintensive Herstellung von Baumwolle, die schließlich zu Kleidungsstücken verarbeitet wird, um in den Regalen von Fashion-Stores zu Dumpingpreisen verkauft zu werden. Wir bevorzugen Investments in Unternehmen wie zum Beispiel Lindsay, einem US-Hersteller von Bewässerungssystemen für die Landwirtschaft. Die Systeme ermöglichen es, vor allem große Anbauflächen auch in Abhängigkeit des zu erwartenden Niederschlags effizient zu bewässern. Ebenso investieren wir in die heimische HelloFresh, die mit ihrem innovativen Kochboxkonzept für eine gesunde Ernährung und gegen die Verschwendung von Lebensmitteln eintritt. Unser Wasserfonds verfolgt also einen ganzheitlichen Ansatz, der ihn ganz wesentlich von anderen Wasserfonds unterscheidet. Und ja: Die Themen Wasser und Klima sind in logischer Konsequenz sehr stark ineinander verzahnt.
Wie zeigt sich dies noch?
N. K.: Unser Wasserfonds investiert beispielsweise in die Canadian Pacific Railway. Das US-Unternehmen betreibt ein transkontinentales Schienennetz in Kanada und den USA vorwiegend zum Transport von Massengütern und Autos. Mit diesem Investment leisten Anleger auch einen Beitrag zum Gewässerschutz. Denn durch die Verringerung von LKW-Transporten werden nicht nur CO2-Emissionen eingespart. Begrenzt wird auch der Reifenabrieb der Fahrzeuge, der zu einer dauerhaften Belastung der Gewässerqualität führt. Ein weiterer Aspekt ist der hundertprozentige Ausschluss von Atomenergie und zwar nicht nur wegen der Störfallrisiken und ungelösten Entsorgungsfrage, sondern auch wegen ihres übergroßen Wasser-Fußabdrucks. Denn zum Kühlen der Reaktoren werden Unmengen an Wasser benötigt, die gewöhnlich aus Flüssen entnommen werden. Unsere Vorgehensweise findet ihren Ausdruck auch darin, dass rund jeder zweite Titel des S&P Global Water Index, einer Benchmark von Wasserfonds, für uns wegen Aktivitäten in den Bereichen Atomenergie und fossile Energieträger nicht investierbar ist. So fertigt zum Beispiel der in anderen Fonds als Top-Ten-Titel ausgewiesene US-Hersteller von Test- und Messystemen Danaher auch Komponenten für Waffensysteme. Und die schwedische Alfa Laval produziert nicht nur Wärmetauscher und Pumpen, sondern auch Kühlsysteme für Kernkraftwerke.
Der zweite Anlageschwerpunkt Ihres Fonds liegt im Bereich Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung. Erwarten Sie durch das Infrastrukturpaket der US-Regierung starke Nachfrage-Impulse für Ihre amerikanischen Titel, die fast ein Drittel des Fondsvolumens ausmachen?
N. K.: Im Rahmen des Infrastrukturpakets der US-Regierung umfassen die Maßnahmen im Wasser-Bereich ein Volumen von rund 110 Milliarden US-Dollar. Der weitaus überwiegende Teil fließt in die Beseitigung von Bleirohren in den Wasserversorgungssystemen und die Modernisierung der Abwassersysteme. Von diesen Aktivitäten profitieren innerhalb des Portfolios des Ökoworld Water For Life Unternehmen wie Advanced Drainage Systems, der führende Hersteller von Abflussrohren und Entwässerungssystemen in den USA und American Water Works, die insbesondere Abwasserkläranlagen bereitstellen.
Inwieweit wird Ihr Fonds auch Sozial- und Governance-Anforderungen gerecht?
N. K.: Für uns sind diese Anforderungen gleichrangig gegenüber den umweltbezogenen. Ein Beispiel: Jüngst haben wir ein Unternehmen aus dem Bereich Landwirtschaft aus unserem Anlageuniversum ausgeschlossen. Der Grund: Nichtregierungsorganisationen haben innerhalb der Lieferketten mehrfach Verstöße gegen Kinderarbeit festgestellt, obwohl unabhängige Zertifikate das Gegenteil vermittelten. Wir agieren hier eben stets nach dem Motto: Im Zweifel nicht für, sondern gegen den Angeklagten. Denn sowohl unser Portfoliomanagement als auch das hiervon unabhängig arbeitende Nachhaltigkeitsresearch samt wissenschaftlichem Fachbeirat müssen die getroffenen Anlageentscheidungen im Hinblick auf unsere Positiv- und Negativkriterien dauerhaft tragen können. Genau das war hier nicht mehr gegeben. Die Erfahrungen zeigen aber, dass sich immer eine bessere Alternative finden lässt. Und eines ist klar: Sobald derartiges Fehlverhalten öffentlich wird, belastet dies auch den Aktienkurs des betreffenden Unternehmens.
Stichwort Kursentwicklung. Ein Blick auf den Chart des Ökoworld Water For Life zeigt, dass der langfristige Aufwärtstrend intakt ist und dass die Kurszuwächse nach dem coronabedingten Kurseinbruch sogar an Dynamik gewonnen haben. Wie begründen Sie dieses positive Gesamtbild?
N. K.: Das lässt sich schwer sagen. Fakt ist, dass unser Wasserfonds im Zuge des ganzheitlichen Ansatzes breiter aufgestellt ist als andere Fonds der Vergleichsgruppe. Hinzu kommt, dass die Top-Holdings unseres Wasserfonds nicht mehr als jeweils drei Prozent des Fondsvolumens ausmachen. In dem zuvor genannten Vergleichsindex sind manche Top-Werte mehr als doppelt so stark gewichtet. Dies führt beim Ökoworld Water For Life zu einer messbar geringeren Volatilität und einem gänzlich anderen Risikoprofil. Wer bei Wasserfonds gerade in den Bereichen Atomkraft und Abwasser genau hinschaut, stößt auf viele schmutzige Aktivitäten, angefangen bei Pestiziden bis hin zu Mikroplastik, die unser Grund- und Trinkwasser belasten. Solche Maßnahmen wollen wir nicht fördern. Deshalb führen sie bei uns zum Ausschluss, selbst wenn die Umsatzanteile gering sind. Das Versprechen gilt auch in Zukunft. Bei Ökoworld geht es um zukunftsfähige Investments. Der 360-Grad-Blick auf Ethik, Ökologie und Soziales gehört zu unserer DNA und macht unsere Fondspalette entsprechend glaubwürdig und transparent.