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Personalisierte Krebsimpfstoffe

Januar 2023
Wie die künstliche Intelligenz bessere Heilungschancen in der Onkologie, aber auch in anderen medizinischen Bereichen verspricht, erklärt Brice Prunas, Portfoliomanager des ODDO BHF Artificial Intelligence.
ODDO BHF
Brice Prunas, ODDO BHF

Jährlich sterben mehr als 10 Millionen Menschen an Krebs – das ist mehr als an HIV/AIDS, Malaria und Tuberkulose zusammen, konstatiert Brice Prunas, Portfoliomanager des ODDO BHF Artificial Intelligence. Dabei ließen sich mehr als ein Drittel der Fälle vermeiden, ein weiteres Drittel ließe sich bei frühzeitiger Diagnose mit der richtigen Therapie heilen, so die gemeinnützige Union for International Cancer Control auf der Aktionsseite zum World Cancer Day am 4. Februar. Mit der Entwicklung von personalisierten Krebsimpfstoffe, auch PCV (personalised cancer vaccine) genannt, können Patienten nun auf bessere Heilungschancen hoffen. „Nicht nur in der Krebstherapie, auch in anderen Bereichen der Medizin werden anhand des Einsatzes künstlicher Intelligenz große Fortschritte gemacht, die die Heilungsaussichten Stück für Stück verbessern“, führt Prunas weiter aus.

Die bislang am weitesten verbreitete und wirksamste Behandlung von Krebs ist eine Form der Immuntherapie namens PD1 – auch bekannt als Immun-Checkpoint-Inhibitor. „Das meistverkaufte Medikament in dieser Kategorie ist Keytruda des US-Pharmaherstellers Merck“, so der Fondsmanager. Bei soliden Tumoren erreiche man damit eine Heilungsrate von 75 Prozent, es bestehe allerdings die Gefahr eines Wiederaufflammens der Krankheit. An dieser Stelle setze der personalisierte Krebsimpfstoff (PCV) an. Noch befinden sich PCV-Impfstoffe in der Entwicklungsphase. Neben BioNTech hat auch Moderna ein Entwicklungsprogramm gestartet. „Der personalisierte Krebsimpfstoff ist als Booster zu sehen, der die Heilungsrate von 75 Prozent auf über 80 Prozent erhöhen bzw. das Fortschreiten der Krankheit entsprechend bremsen und gleichzeitig das Immunsystem des Patienten überwachen soll, um ein Wiederaufflammen des Krebses zu verhindern“, so der Portfoliomanager.

MERCK SETZT AUF MODERNA

Nach Einblick in die Ergebnisse der Phase-2-Studie von Moderna hat der US-Onkologie-Spezialist Merck beschlossen, 250 Millionen US-Dollar in Moderna zu investieren. „Ziel der Investition ist die gemeinsame Entwicklung und Vermarktung eines PCV. Das sendet ein sehr positives Signal für die Erfolgsaussichten des Impfstoffs“, schreibt Prunas. Daneben habe Merck auch für sein Kerngeschäft Interesse am Erfolg des Impfstoffs von Moderna: Dieser dürfte die Wirksamkeit der eigenen PD1-Therapie verbessern, mit der jährliche Umsätze in zweistelliger Milliardenhöhe erzielt werden. „Bislang beschränken sich die Studienergebnisse auf Fälle, in denen ein solider Tumor bereits operativ entfernt wurde“, stellt der Fondsmanager von ODDO BHF AM klar. Offen sei bislang, ob ein solcher Impfstoff auch im einem „metastatischen Setting“ zum Ziel führe.

MRNA UND KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz bei der Entwicklung der Messenger-RNA hat das Potenzial Grenzen der Wissenschaft zu verschieben. „Bislang war es sehr schwierig, Tumormarker, also Proteine, die als Reaktion auf das Fortschreiten des Krebses im Körper produziert werden, zu identifizieren, da sie vom Immunsystem nicht erkannt werden können“, erläutert Brice Prunas. „Dadurch stieß die Wirksamkeit der PD1-Immuntherapie an eine Grenze.“ Der innovative Ansatz von Moderna könne diese möglicherweise überwinden. Nach Entnahme einer Probe des Tumors und der Sequenzierung werden individuelle Mutationen mithilfe komplexer Algorithmen erkannt und mit Messenger-RNA markiert, sodass Tumormarker für das Immunsystem sichtbar werden und PD1-Antikörper die Krebszellen wirksamer abtöten können. „Dieser Ansatz hätte den Vorteil, die Tumore schnell und nachhaltig zu eliminieren. Der Patient wäre dauerhaft geheilt“, erklärt Prunas.