Das Umfeld für Aktieninvestments wird zunehmend schwierig. Schließlich beschränkt sich der Aufschwung nur noch auf einige Aktien: „Getrieben von wenigen Titeln, ähnelt das Aktieninvestment zunehmend einem Glücksspiel“, konstatiert Benjamin Bente, Geschäftsführer der Vates Invest GmbH in seinem aktuellen Marktkommentar. „Und zwar einem, bei dem man nach Gewinnen die komplette Summe stehen lässt.“ Wer jetzt folglich im Plus ist, sollte darüber nachdenken Buchgewinne zu realisieren, rät Bente.
„Ohne Zweifel war es rückblickend eine gute Idee, seit Jahresbeginn in etablierte Aktienindizes investiert zu sein. Allerdings wurden erzielte Renditen mit einem überbordenden Risiko erkauft.“ Wer jetzt aus Angst investiert bleibt, auch den weiteren möglichen Anstieg zu verpassen, steigert sein Risiko noch einmal enorm. Denn die Aufwärtsbewegung verläuft derzeit extrem selektiv. In den USA sind es gerade einmal sieben Werte, die den gesamten Anstieg des S&P 500 erklären.„Aufwärtsbewegungen, die nur von so wenigen Werten getrieben wurden, gab es in der Vergangenheit einige Male. Für gewöhnlich sind die kompletten Anstiege wieder zurückgehandelt worden.“
PARALLELEN ZUM JAHR 2021
Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist das Jahr 2021. Damals entwickelte sich der Markt ungefähr ab dem zweiten Quartal ähnlich, der Anstieg wurde von immer weniger Werten getrieben. „Die gesamten Buchgewinne, die die Investoren gemacht hatten, sind im Folgejahr 2022 komplett wieder verloren gegangen.“ Wer Ende 2021 verkauft hatte, konnte sich über sehr gute Renditen freuen, alle anderen gingen leer aus. „Buy-and-hold hätte nicht funktioniert“, so Bente.
Derzeit gewinnt dieses Szenario besondere Brisanz, da Anleger gerade dazu tendieren, investiert zu bleiben oder sogar neu einzusteigen. „Das Risiko, die vielleicht noch kommenden Papiergewinne wieder abgeben zu müssen, ist angesichts der rezessiven Tendenzen immens hoch“, sagt Bente. Dies gilt noch mehr, da die US-Notenbank und auch andere Notenbanken sehr drastisch restriktiver wurden in ihrer Geldpolitik. „In der Historie hat das zeitversetzt in den allermeisten Fällen zu einer Rezession geführt.“ Rezessionen sind immer auch Marktphasen mit negativen Erwartungswerten und damit fallenden Aktienkursen. „Wir könnten kurz vor einer solchen Phase stehen, in der es zu dieser Transmission von der geldpolitischen Restriktivität des vergangenen Jahres hin zur realwirtschaftlichen Rezession kommt“, sagt Bente.
In einem solchen Umfeld investiert zu bleiben, kann funktionieren, wenn es ausnahmsweise nicht zu einer Rezession kommt. „Dafür gibt es nur einige wenige historische Beispiele, etwa 1966“, sagt Bente. „Insofern gilt, dass Anleger in der Rückbetrachtung vielleicht Recht gehabt haben können, dies aber jetzt mit einem unverhältnismäßig hohen Risiko bezahlen.“ Wer jetzt auf Buchgewinnen sitzt, hat in einem Glücksspiel bisher Glück gehabt.