Die Erwartungen für die US-Wirtschaft waren zu Jahresbeginn noch sehr verhalten. Für das Jahr 2023 war von Ökonomen ein reales Wirtschaftswachstum von nur knapp über Null prognostiziert worden, erklärt Karin Kunrath, Chief Investment Officer der Raiffeisen KAG. In den folgenden Monaten übertrafen die US-Wirtschaftsdaten kontinuierlich die Schätzungen, was zu fortgesetzten Aufwärtsrevisionen der Wachstumserwartungen führte. Es dürften jetzt doch mehr als zwei Prozent Plus werden. Diese Entwicklung wurde am Aktienmarkt zunächst wohlwollend aufgenommen, bedeutet eine stärkere Wirtschaft in aller Regel auch höhere Unternehmensgewinne. In der Spitze lag der US-Aktienmarkt mit über 20 Prozent im Plus. Der Anstieg wurde allerdings von wenigen großen Aktien getragen.
Im Sommer hat sich das Blatt gewendet, der Markt ist in eine Korrekturphase eingetreten. Der Index verlor in der Folge rund die Hälfte der zuvor aufgelaufenen Gewinne und die durchschnittliche Aktie lag per Ende Oktober sogar im Minus. Und das, obwohl auch in diesem Zeitraum größtenteils starke US-Wirtschaftsdaten veröffentlicht wurden. In dieser Phase hielt die Phrase „Higher for longer“ in der Marktdiskussion Einzug. Gemeint ist die Erwartung, dass die Zinsen für längere Zeit hoch bleiben werden. Dies wurde nicht nur diskutiert, sondern auch gepreist. Der nächste Zinssenkungszyklus soll demnach bereits bei einem Leitzins von vier Prozent enden, was im historischen Kontext äußerst ungewöhnlich wäre. Für die Wirtschaftsaussichten und damit auch für den Aktienmarkt bedeutet das natürlich nichts Gutes, daher die Kursverluste. Umso erleichterter waren die Anleger nach den jüngsten Notenbanktreffen, aus denen zu schließen ist, dass viele Währungshüter auf weitere Zinsanhebungen verzichten werden.
Der Erleichterung könnte jedoch bald Ernüchterung folgen, nämlich dann, wenn die Zinsanhebungen der letzten Monate ihre volle Wirkung auf die Konjunktur entfalten und auch wieder enttäuschende Wirtschaftsdaten veröffentlicht werden. Aufgrund dessen wird die Untergewichtung in Aktien beibehalten. Für Anleihen ist das Ende der Fahnenstange für Zinsanhebungen hingegen positiv zu interpretieren. Die Gewichtung in Euro-Staatsanleihen wird daher angehoben und damit das Zinsrisiko in den Mischfonds erhöht.
Attraktive Renditen bei Euro-Staatsanleihen
Das Renditeniveau von fünf Prozent p.a. bei 10-jährigen US-Staatsanleihen sowie die Erwartung des vorlaufenden Endes des Zinsanhebungszyklus in den USA haben ab Ende Oktober zu fallenden Renditen geführt, nachdem sie im Vormonat kräftig angestiegen waren. Wir erachten die aktuellen Renditen von Euro- Staatsanleihen als attraktiv, weshalb wir diese bei unserer Gewichtung präferieren. US-Staatsanleihen bevorzugen wir allerdings weiterhin gegenüber deutschen Staatsanleihen.
Unternehmensanleihen: Risikoprämien steigen aufgrund geopolitischer Event-Risiken
Die Spreads von EUR Unternehmensanleihen haben sich im Oktober moderat ausgeweitet, nachdem sich die Konjunkturlage in der Eurozone weiterhin schlecht präsentiert hat. Zudem dürften einige geopolitische Event-Risiken (Israel/Gaza) zu höheren Risikoprämien geführt haben. Unserer Meinung nach diskontiert der Markt die fundamentale Schwäche de facto kaum. Wir bleiben daher bei Euro-Unternehmensanleihen im Rahmen unserer Asset Allocation vorsichtig.
Emerging Markets: Risikoprämien könnten steigen
Emerging-Marktets-Hartwährungsanleihen konnten sich von den marktweiten Spread-Ausweitungen zuletzt nicht abkapseln. Wir beobachten aber v.a. aus China schwache Konjunkturdaten. Besonders das Verpuffen der dortigen Stimulus-Maßnahmen bleibt für uns ein Risikofaktor. In Summe erwarten wir kein Abkoppeln der Emerging-Marktes-Anleihe-Spreads von den Risikoprämien in den entwickelten Märkten, wo wir derzeit eher mit einem Anstieg derselben rechnen.
Entwickelte Aktienmärkte zuletzt deutlich schwächer
Die internationalen Aktienmärkte präsentierten sich in den letzten Wochen deutlich schwächer. Während die Aktienmärkte im heurigen Jahr von den steigenden Zinsen lange Zeit relativ unbeeindruckt waren, hat sich dieses Bild zuletzt etwas gedreht. Auch wenn die Märkte kurzfristig etwas überverkauft erscheinen, erwarten wir, dass das restriktivere Zinsumfeld in den nächsten Monaten auf den Aktienmärkten lasten wird. Wir bleiben bei Aktien moderat vorsichtig.
Schwellenländer-Aktienmärkte: Liquiditätssituation verschlechtert sich
Da der Immobiliensektor mittlerweile die Entwicklung in China derart stark belastet, hat man sich dazu durchgerungen, Stimulusmaßnahmen zu ergreifen. Dies soll einen weiteren Absturz der Volkswirtschaft verhindern, ist aber ein gefährlicher Balanceakt, da die chinesische Wirtschaft stark unter der sehr hohen Verschuldung leidet. Generell ist zu befürchten, dass die prekärer werdende Liquiditätssituation, ausgelöst durch globale Notenbanken, auch die US-Dollar-Finanzierung in Emerging Markets deutlich erschweren wird. Darauf muss man in den nächsten Wochen ein achtsames Auge werfen.
Rohstoffmärkte: Edelmetallbereich zeigt sich schwächer
In den letzten Wochen präsentierte sich vor allem der Edelmetallbereich schwächer, und der Energiebereich bis Ende September sehr fest. Die erneuten deutlichen Renditeanstiege und ein gleichzeitig sehr fester US-Dollar lasteten auf der Stimmung im Edelmetallbereich.