FONDS exklusiv: Die 3 Banken-Generali Invest feiert heuer ihr 25-jähriges Bestehen. Vom ersten Tag an führen Sie die Gesellschaft als Geschäftsführer. Herzlichen Glückwunsch zu dieser nicht alltäglichen Leistung.
ALOIS WÖGERBAUER: Vielen Dank.
Wenn Sie das Vierteljahrhundert Revue passieren lassen, was waren die größten Veränderungen und Ereignisse, die Ihre Arbeit und die Zukunft der Bankengruppe geprägt haben?
A. W.: Die Finanzwelt war in unserem Gründungsjahr 1998 eine völlig andere als die heutige. Damals war nicht absehbar, welch eine Welle an Regulatorik auf uns zukommen würde. Etwas zynisch könnte man sagen, das war auch gut so. Die großen Veränderungen gab es weniger im Asset Management. Auch heute geht es im Kern um Anlageklassen, Zinsentwicklungen, Märkte und Meinungen. Das Risikomanagement hat sich hingegen massiv verändert, auch die Compliance-Anforderungen sind in gleichem Maße gestiegen.
Vom ersten Tag an sind Sie auch als Portfoliomanager in der Bankengruppe tätig. Was war hier die größte Herausforderung?
A. W.: Für mich stechen zwei Ereignisse hervor. Erstens die Finanzkrise 2008, die an den Grundfesten der Finanzwelt gerüttelt hat. Fast intensiver war für mich dennoch die Corona-Krise, vor allem die Anfangszeit im Jahr 2020, weil wir keine Erfahrungen mit Pandemien und den Auswirkungen von Lockdowns hatten. Dadurch fehlte es an Orientierung, sodass wir vielfach im Dunkeln tappten. Es gab keine historischen
Vergleichswerte.
Was war in dieser Zeit sehr wichtig?
A. W.: Wir waren sehr nah bei unseren Kunden sowohl auf der institutionellen wie auf der Retailseite. Die Hauptaufgabe einer Geschäftsführung ist es gerade in einer solchen Zeit, auf Augenhöhe zu kommunizieren. Es galt, mit den Kunden zu reden, auch wenn wir selbst nicht wussten, wie es weiter gehen wird. Und die Anforderung war, dies offen auszusprechen und mögliche Szenarien zu diskutieren.
Die letzte große Herausforderung war der Anleihe-Crash in 2022 im Zuge der historischen Zinswende seitens der Notenbanken, oder?
A. W.: Das stimmt, auch ich habe eine derart massive Zinswende nicht kommen sehen. Ursächlich verantwortlich war, dass die Corona-Krise noch nicht überwunden war, weltweit große Lieferkettenprobleme bestanden und durch den russischen Angriff auf die Ukraine ein Krieg mitten in Europa ausbrach. Als Portfoliomanager hatten wir Anleihen angesichts von Null- und Negativzinsen in den Jahren zuvor nicht aus Begeisterung gekauft, sondern weil es aus Gründen der Diversifikation und der Vermeidung von Negativzinsen angezeigt war. Den Kursverlusten an den Anleihemärkten konnte man sich so nicht entziehen, weil die Zinsen so schnell und kräftig gestiegen waren wie seit rund 100 Jahren nicht mehr. Kürzere Restlaufzeiten haben ein bisschen geholfen, und dass wir Kunden in den Jahren zuvor an eine etwas höhere Aktienquote herangeführt hatten. Kurzum, wir sind mit einem blauen Auge davongekommen, aber klarerweise hat es geschmerzt.
Könnte sich ein solcher Crash wiederholen?
A. W.: Es gibt einen großen Unterschied, weshalb wir mit Blick nach vorn sehr optimistisch für Anleihen gestimmt sind: Nehmen wir als plastisches Beispiel eine zehnjährige US-Staatsanleihe, die zuletzt bei fünf Prozent Rendite lag. Würden die Zinsen zum Beispiel um einen Prozentpunkt auf rund sechs Prozent klettern, würde ich mit dem Wertpapier einen Kursverlust von etwa sieben Prozent erzielen. Der Kupon-Ertrag in Höhe von fünf Prozent würde jedoch den tatsächlichen Verlust auf zwei Prozent begrenzen. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Zinsen nicht mehr nennenswert steigen, sondern in Zukunft wieder sinken werden. Würde der Zins um einen Prozentpunkt auf vier Prozent fallen, ergäbe sich in 2024 ein Renditepotenzial von rund zwölf Prozent: Sieben Prozent durch den Kursgewinn und fünf Prozent durch den Kupon. Ein Anleihe-Crash kann sich in dieser Form daher nicht wiederholen. Das Chance-Risiko-Verhältnis dreht sich zugunsten der Anleger, weil sie, anders als in der Nullzinsphase, einen laufenden Ertrag aus dem Anleihekupon erzielen.
Eine gute Nachricht, denn Anleihen haben damit ihre Bedeutung als Portfoliobaustein gerade in Krisenzeiten zurückgewonnen. Ergeben sich weitere Optionen für Investoren?
A. W.: Genau, und seit einigen Jahren können wir erstmals wieder beherzt in risikoreichere Anleihesegmente investieren, wie beispielsweise Hochzins-, Wandel-, Hybrid- und Emerging Markets-Anleihen. Deshalb haben wir im April dieses Jahres den „3 Banken Rendite Plus“ aufgelegt. Der Anleihefonds legt rund 50 Prozent des Fondsvermögens in klassische Anleihen mit Investment-Grade-Status an. Die andere Hälfte wird aber in die genannten höherverzinsten Anleihebereiche investiert. Bei einer mittelfristigen Ausrichtung von drei bis vier Jahren, stellt das Investment eine jährliche Rendite von rund sechs Prozent in Aussicht und angesichts einer vergleichbaren Risikotoleranz eine kraftvolle Alternative zu Aktien dar. Viele Anleger dürften Aktieninvestments in den Nullzins-Jahren weniger aus Überzeugung, sondern mangels Anlagealternativen getätigt haben.
Stichwort Aktienmärkte. Wie beurteilen Sie hier die Perspektiven für 2024?
A. W.: Die Aktienmärkte gewinnen gewöhnlich dann an Fahrt, wenn aus einer Zinssenkung ein Zinssenkungszyklus wird. Im ersten Halbjahr 2024 wird dies aus unserer Sicht nicht der Fall sein. Aktuell gehen wir davon aus, dass der Zinserhöhungszyklus in den USA und in Europa beendet ist. Gleichzeitig sehen wir, dass sich die Inflationsraten in die richtige Richtung bewegen und die Notenbanken scheinbar ihr Ziel erreichen werden, nämlich die Inflation einzudämmen, ohne eine wirkliche Rezession auszulösen.
Was heißt das konkret für Aktienanleger?
A. W.: Die Aktienmärkte dürften in nächster Zeit seitwärts laufen mit freundlicher Tendenz. Größere Kurssprünge sind vorerst nicht zu erwarten. Das liegt an der Konkurrenz durch Anleihen, die sich auch in den Kapitalflüssen großer Investoren widerspiegelt. Das konjunkturelle Umfeld der Wirtschaft bleibt 2024 flau, auch wenn die Produktivitätsfortschritte in der Wirtschaft immer wieder bemerkenswert sind. Insgesamt erscheint es für die nächsten zwei Quartale vielversprechend, einen Fokus auf Anleihemärkte zu legen und etwas Kapital zurückzuhalten, um bei Kursschwächen an den globalen Aktienmärkten breit diversifiziert einzusteigen.
Sind Mischfondskonzepte also das Portfolio der Wahl für 2024?
A. W.: Ja, so kann man es sagen. Wenn ich an meine ersten Wertpapierseminare vor rund 30 Jahren zurückdenke, galt ein Portfolio aus 60 Prozent Anleihen und 40 Prozent Aktien als Standardkonzept für ein ausgewogenes Chance-Risiko-Verhältnis. Nachdem die Nullzinsphase diese Strategie ad absurdum geführt hatte, erfährt sie heuer eine Renaissance, ergänzt auch durch eine Beimischung höherverzinslicher Anleihen.
Abschließend würde ich gern auf Ihre persönliche Performance zurückkommen. Was bietet Ihnen einen Ausgleich, damit Sie Tag für Tag im Börsengeschehen einen klaren Kopf behalten?
A. W.: Da gibt es einiges. Ich schaue sehr viel Fußball und bin ein großer Fan der deutschen Bundesliga. Deshalb ist die samstägliche Fußball-Konferenz ein fester Bestandteil meines Ausgleichsprogramms. Außerdem bin ich zum Beispiel gern in der Natur und gehe in der kalten Jahreszeit leidenschaftlich gern in die Sauna.