Notenbankvertreter machen den Marktteilnehmern zunehmend deutlich, dass eine geldpolitische Lockerung noch länger auf sich warten lassen könnte, beobachtet Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay, RBC BlueBay Asset Management, in seinem Marktkommentar.
Die Renditen von Staatsanleihen stiegen in der vergangenen Woche an, da Vertreter der US-Notenbank (Fed) und der Europäischen Zentralbank (EZB) die Erwartung bevorstehender Zinssenkungen weiter bremsten. Es war eine Rede von Fed-Gouverneur Christopher Waller Ende November vergangenen Jahres, die den Anstoß für die zunehmenden Spekulationen über einen bevorstehenden geldpolitischen Kurswechsel gab. Daher war der Dämpfer wichtig, um die Erwartungen herunterzuschrauben.
Wir haben bereits früher argumentiert, dass es angesichts der Rekordtiefs bei der Arbeitslosigkeit, des starken Aktienmarktes und der relativ geringen Spreads nicht klar ist, warum es die Fed mit einer Lockerung der Geldpolitik eilig haben sollte. Darüber hinaus wurden diese Woche erneut starke Einzelhandelsumsätze gemeldet. Waller erklärte, dass es in einem Szenario der ‚weichen Landung‘ wenig Grund gibt, so zeitnah oder schnell die Zinsen zu senken wie in der Vergangenheit.
Mit Blick auf die Inflation herrscht trotz der jüngsten Verbesserung in den USA weiterhin große Unsicherheit. Wie uns andere Regionen diese Woche gezeigt haben, ist der Weg zu einer dauerhaften Inflation von 2 Prozent nicht so einfach, wie manche meinen. Im Vereinigten Königreich stieg die Gesamtinflation im Jahresvergleich von 3,9 Prozent auf 4 Prozent – der erste Anstieg seit Februar 2023. Der Verbraucherpreisindex für Dienstleistungen kletterte auf 6,4 Prozent.
Nächste Woche starten die EZB und die Bank of Japan (BoJ) mit ihren ersten geldpolitischen Sitzungen des neuen Jahres. Die Erwartungen einer geldpolitischen Änderung sind in beiden Regionen gering. Eventuelle Anpassungen in der Kommunikation oder beim Ausblick werden aber sehr genau beobachtet werden.
Wir erwarten, dass die EZB die Rhetorik ihrer Redner auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos wiederholen und frühen Zinssenkungen die kalte Schulter zeigen wird. In Japan gehen wir trotz der Auswirkungen des jüngsten Erdbebens davon aus, dass die Bank of Japan (BoJ) im April eine weitere geldpolitische Normalisierung vornehmen wird.
Das geopolitische Risiko hat zu Beginn des Jahres 2024 wenig überraschend zugenommen. Die anhaltenden Angriffe der jemenitischen Huthi auf Containerschiffe im Roten Meer haben zu einer faktischen Schließung des Suezkanals und zu einem gemeinsamen Angriff der USA und des Vereinigten Königreichs auf Ziele im Jemen geführt.
Bisher hatten diese Ereignisse kaum Konsequenzen für die Kapitalmärkte. Die Marktteilnehmer vertrauen darauf, dass die Maßnahmen der westlichen Allianz die Angriffe eindämmen werden, bevor es zu nennenswerten Auswirkungen auf die globalen Lieferketten und damit verbunden zu höheren Preisen kommt.
In Taiwan begann das wichtige weltweite Wahljahr 2024. Einerseits behielt die amtierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) die Exekutive, verlor andererseits aber die Legislative. Ihr Mandat für die Unabhängigkeit scheint etwas an Schwung verloren zu haben. Sie erzielte das schwächste Wahlergebnis der vergangenen 20 Jahre. Alles in allem ist es ein relativ positives Ereignis für den Frieden und die Stabilität in der Taiwanstraße – vorerst.
Wir bleiben vorsichtig, da sich die Unsicherheit auf vielen verschiedenen Ebenen ausbreitet. In den kommenden zwei Wochen dürften die geopolitischen Entwicklungen und die anstehenden Zentralbanktreffen den Ton angeben. Es könnte sein, dass die Anleger noch ein wenig länger der Kälte trotzen müssen, da die Marktrichtung zunächst unklarer wird.