Das Jahr 2023 war gekennzeichnet von geopolitischer Unsicherheit und hartnäckiger Inflation, die eine Reihe von Zinserhöhungen und Schwankungen am Zinsmarkt bedingten. Im vierten Quartal kam es an den Märkten jedoch zu einer drastischen Kehrtwende, die wieder optimistisch stimmte und den Gesamtrenditen in Fixed Income neuen Glanz verlieh, betont Fraser Lundie, Head of Fixed Income, Public Markets bei Federated Hermes, in seinem Kommentar.
In diesem Jahr hoffen Anleger auf mehr Klarheit. Die Zentralbanken in den Industrieländern haben angedeutet, dass der Höhepunkt ihres Zinserhöhungszyklus erreicht ist, und nehmen damit nun dem „Higher-for-longer“-Narrativ allmählich den Wind aus den Segeln. Die Weltwirtschaft zeigt sich überraschend robust, doch die während der Pandemie aufgebauten Liquiditätspuffer gehen langsam zur Neige, günstige Zinsbindungen laufen aus und obwohl Zinssenkungen der Zentralbanken die Renditen drücken könnten, bleibt ungewiss, ob sich die Spreads am unteren Ende des Spektrums ebenfalls gut entwickeln werden. Umsatzwachstum dürfte wohl kaum zum Retter in der Not werden, da die Verbraucher den Gürtel enger schnallen müssen, mit höheren Kreditkosten konfrontiert sind und vom unguten Gefühl weiter rückläufiger Wohnimmobilienpreise in Europa und Großbritannien begleitet werden.
Die derzeitigen Spreads lassen sich im Vergleich zu historischen Durchschnittswerten allenfalls als fair bezeichnen. Dagegen befinden sich die Renditen in einigen Bereichen des Fixed-Income-Spektrums zum Teil auf dem höchsten Niveau seit der globalen Finanzkrise 2007/08. Hier könnten sich eventuell Chancen bieten. Höhere Renditen in Verbindung mit historisch niedrigen Barwerten von Anleihen werden voraussichtlich ausreichen, um Anlegern in einer moderaten Rezession und vielleicht sogar bei systemischen Belastungen als Puffer zu dienen. Durch den Zugang zu den Segmenten Nachrangigkeit, Komplexität und Liquiditätsprämien des strukturierten Kreditmarktes sollten unserer Ansicht nach attraktive Renditen mit begrenztem Delta zur zugrunde liegenden Volkswirtschaft möglich sein.
Erschwerend kommt hinzu, dass strukturelle Wirtschaftstrends weltweit für eine unliebsame hohe Sockelinflation sorgen könnten: Der Klimawandel, eine alternde Bevölkerung und die damit einhergehende Alterung der Erwerbstätigen in den Industrieländern sowie höhere Verteidigungsausgaben deuten allesamt auf hohe Staatsausgaben hin. Regierungen werden alle Hände voll zu tun haben, die rasch steigende Staatsverschuldung mit den höheren Zinsausgaben in Einklang zu bringen, die den Staatshaushalt belasten. Ein falscher Schritt könnte dazu führen, dass der Anleihenmarkt allzu großzügige Ausgaben abstraft. Doch staatliche Leistungen zu kürzen oder Steuern zu erhöhen, ist immer schwierig, insbesondere in einem Wahljahr. Und nicht nur Wählervertrauen ist erforderlich. Auch die Märkte werden hohe Neuemissionen bei Staatsanleihen zu verdauen haben, während die Zentralbanken gleichzeitig um einen Bilanzabbau bemüht sind.
In Anbetracht all dessen dürfte es nicht verwundern, dass wir die unternehmensbezogene Fundamentaldatenanalyse für einen entscheidenden Faktor im Jahr 2024 und darüber hinaus halten. 2023 sah das noch anders aus. Über das vergangene Jahr wies das niedrige Qualitätssegment des Marktes nahezu ungeachtet der zugrunde liegenden Fundamentaldaten eine Outperformance auf.
Dies lag zum einen daran, dass die Anleger erleichtert reagierten, als die lange befürchtete harte Landung ausblieb. Doch auch andere Faktoren spielten eine Rolle, nicht zuletzt der Mangel an Neuemissionen. Dieser hatte zur Folge, dass das Kapital um die raren Anlagemöglichkeiten konkurrierte. Da allerdings in diesem Jahr die Erträge enttäuschen dürften, rechnen wir mit einer zunehmenden Fremdmittelaufnahme, einer weniger günstigen Zinsdeckung sowie einem Anstieg bei den Ausfällen in Kombination mit geringeren Erlösquoten. Kurzum, die letztjährige „Trash“-Rally dürfte sich angesichts neuer Chancen für Anleger, die sich im höheren Qualitätssegment des Marktes positionieren, umkehren.
Für Fixed-Income-Anleger könnten die höheren Zinsen eine disziplinierende Wirkung auf die Märkte haben, weil sie daran erinnern, dass man eine Dividende zahlen kann, einen Coupon aber zahlen muss. Die Ausfälle werden zunehmen, dürften sich jedoch im Rahmen halten. Erschwerend hinzu kommen allerdings geringe Erlösquoten infolge von Jahren sich verschlechternder Kredit- und Anleihebedingungen. Die neue Phase höherer Zinsen sorgt für Anpassungsschwierigkeiten, doch im Grunde war die vorherige Phase ultraniedriger Zinsen und endloser quantitativer Lockerung die eigentliche Anomalie.