Mehr und mehr etablieren sich die „Abnehmspritzen“, die zunächst in den USA ihren großen Start hatten, rund um die Welt. Aber die Entwicklung schreitet voran und trifft auf einen großen Bedarf in der Bevölkerung.
Diabetes und Fettleibigkeit (Adipositas) rücken verstärkt in das Zentrum des Healthcare-Sektors und das nicht umsonst: Fettleibigkeit ist ein enormes Problem, nicht für die persönliche, sondern auch für die gesellschaftliche Gesundheit. Als Ursache für vielerlei Folgekrankheiten, darunter auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ist sie eines der größten gesundheitlichen Probleme. Das Phänomen mit den Abnehmspritzen wird deswegen keine vorübergehende Erscheinung sein, sondern ist der Beginn einer chancenreichen Entwicklung.
Laut WHO leiden derzeit etwa 650 Millionen Menschen an Adipositas – bis 2030 könnte diese Zahl auf rund eine Milliarde Menschen anwachsen. Damit würde Adipositas epidemische Zustände erreichen, die die gesellschaftliche Gesundheit noch stärker belasten würden. Dementsprechend dringend nötig ist eine effektive Behandlungsmethode für krankhaftes Übergewicht. Mit ihren jüngst entwickelten Abnehmprodukten profitieren aktuell vor allem zwei Unternehmen: Das dänische Pharmaunternehmen Novo Nordisk ist im Juli zum größten europäischen Unternehmen aufgestiegen, Eli Lilly zum größten US-Pharma-Unternehmen.
Zufällig bei der Diabetes-Forschung entdeckt
Die Abnehmspritzen sind ein eher zufälliges Ergebnis aus der Diabetes-Forschung, helfen aber effizient bei der Bekämpfung von Adipositas: Sowohl das Hungergefühl als auch die Magenentleerung werden durch den Wirkstoff, einen GLP-1-Agonisten, verringert. Darüber hinaus regt er die Bauchspeicheldrüse an, mehr Insulin zu produzieren. GLP steht für „Glucagon-like peptide“ und ahmt die Wirkung körpereigener Hormone nach. Auch bei kardiovaskulären Krankheiten, also zum Beispiel Herzinfarkten, Schlaganfällen oder Herzinsuffizienzen, bei chronischem Nierenversagen oder bei Schlafapnoe können die Spritzen erhebliche Wirkung entfalten, so die aktuellen Studien der beiden Pharmariesen.
Aktuell werden erst ca. fünf Prozent der adipösen Patienten in den USA mit Medikamenten von Eli Lilly oder Novo Nordisk behandelt, international sind es deutlich weniger. Dennoch stiegen die Verschreibungen für Diabetes- und Adipositas-Medikamente im ersten Halbjahr stark an und erzielten teilweise allein zwischen dem ersten und dem zweiten Quartal Zuwächse von mehr als 50 Prozent. Eli Lilly und Novo Nordisk sind mit einer schon vorangeschrittenen Forschung und Entwicklung die Hauptprofiteure dieser neuen Ausrichtung des Pharmasektors.
Fettleibigkeit ist ein Wachstumsmarkt
Obwohl die Produkte in den Kinderschuhen stecken und ihr vollständiges Wirkspektrum erst noch erforscht wird, schätzt Goldman Sachs den Markt für Adipositas-Medikamente in 2024 auf knapp 14 Milliarden US-Dollar. Zusätzlich rechnet die Investmentbank mit einem Wachstum auf mehr als 130 Milliarden US-Dollar bis 2030 – es handelt sich um einen Markt mit ungeheurem Wachstumspotenzial, von dem andere Pharma-Unternehmen ihren Teil abhaben wollen. Zumindest kurz- und mittelfristig brauchen sich Eli Lilly und Novo Nordisk keine Sorgen zu machen: Mit großen Investitionen in Produktionskapazitäten, einer sehr breiten Entwicklungspipeline und einem Vorsprung in der Entwicklung haben beide Unternehmen aktuell die Nase vorn.