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Defizite bei der Fondsauswahl

Printausgabe | April 2025
Fondspolicen liegen im Trend. Besonders die Flexibilität guter Produkte überzeugt. Während der Fokus häufig auf den Policenkosten liegt, bleibt die ungenügende Fondsauswahl in bestimmten Anlageklassen unbeachtet – ein Versäumnis, das Rendite kosten kann.
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Im Zuge der jahrelangen Niedrigzinsphase haben sich die Nachfrageschwerpunkte bei der Altersvorsorge verschoben. Während klassische Lebens- und Rentenversicherungen mit Garantiezins an Bedeutung verloren haben, liegen Fondspolicen und Produkte mit modifizierten Garantien zusehends im Trend. Diese Bilanz zog jüngst der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und erwartet infolge der zuletzt gestiegenen Zinsen nun neuen Aufwind. 

Diese Entwicklungen spiegeln auch aktuelle Einschätzungen von Versicherungsvermittlern wider, die kürzlich im Rahmen einer Maklerumfrage vom Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) befragt wurden. Demnach beraten drei Viertel der Vermittler mindestens einmal pro Monat einen oder mehrere Kunden zu Fondspolicen ohne Garantien. Im Vorjahr waren es insgesamt 59 Prozent. Zu Policen mit Garantien beraten hierzu monatlich 54 Prozent gegenüber 43 Prozent im Vorjahr. Bei der Wahl einer Fondspolice wurde laut Studie das Kriterium „Flexibilität während der Aufschubzeit“ mit 80,4 Prozent am häufigsten genannt. Weitere Kriterien mit über 60 Prozent Nennungen sind Kosten, die Auswahl an ETFs und Indexfonds, Finanzstärke des Unternehmens und Flexibilität in der Auszahlungsphase (siehe Schaubild).

Die Flexibilität von Fondspolicen während der Aufschubzeit zeigt sich vor allem bei den Möglichkeiten von Zuzahlungen und Kapitalentnahmen. Auch in der Entsparphase sind vielfach Teilauszahlungen möglich. Flexibilität heißt auch, dass Kunden im Versicherungsmantel bis zu einer bestimmten Zahl an Transaktionen keine Gebühr zahlen, wenn sie einen Fonds verkaufen oder neue erwerben. Hier punkten die Produkte ebenso gegenüber Fondssparplänen wie bei der Besteuerung von Erträgen.

Bei Fondspolicen werden die erwirtschafteten Erträge in der Regel sofort wieder angelegt und bleiben bis zur Auszahlung steuerfrei. Bei Verträgen mit Kapitalwahlrecht gilt: Wenn der Vertrag nach Vollendung des 62. Lebensjahres ausgezahlt wird und er mindestens zwölf Jahre bestanden hat, müssen nur 50 Prozent der Erträge mit dem individuellen Steuersatz versteuert werden. Rentenzahlungen werden vergleichsweise günstig nur mit dem Ertragsanteil besteuert. Und nicht zu vergessen: Mit Fondspolicen haben Vorsorgesparer die Option auf eine lebenslange Rente – eine Sicherheit, die angesichts der stetig steigenden Lebenserwartung immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Die Erhöhung des Höchstrechnungszinses Anfang 2025 auf 1,0 Prozent hat Vorteile für die Kunden – sowohl bei der klassischen als auch bei der fondsgebundenen Rentenversicherung. Denn Versicherte erhalten dadurch bei Vertragsablauf einen höheren garantierten Rentenfaktor. Dieser gibt an, mit welchem Wert das gebildete Kapital zu Rentenbeginn in eine lebenslange Altersrente umgerechnet wird. Dabei hängt die Angabe einer allgemeinen Erhöhung in Prozent vom individuellen Einzelfall (Eintrittsalter, Endalter, Todesfallleistung und mehr) ab, erläutert Rene Wördemann, Bereichsleiter Produktmanagement der Ergo Vorsorge Lebensversicherung AG. Dazu ein Beispiel: Spart der Kunde 35 Jahre Beiträge und die Rentenzahlung beginnt mit 67 Jahren, ergebe sich bei einer Ablaufleistung von 100.000 Euro eine monatliche Rente auf Basis des garantierten Rentenfaktors von 296,30 Euro. Damit liegt sie etwa 13 Prozent höher als mit dem niedrigeren Rechnungszins von 0,25 Prozent. 

Schwierige kostenvergleiche

Wer Fondspolicen vergleichen will, wirft auch einen Blick auf die Kosten. Da die Kostenstruktur häufig komplex ist, bedient man sich der Effektivkostenquote als eine zentrale Kennzahl. Diese Quote ist abhängig von verschiedenen Parametern. Wie Lars Heermann von der Assekurata Rating-Agentur GmbH erklärt, ist die Effektivkostenquote signifikant von der Laufzeit und der Beitragshöhe abhängig. Höhere Beiträge führen zu einer geringeren Effektivkostenquote, da sich die Fixkosten relativ gesehen auf einen größeren Beitrag aufteilen. Und je länger die Laufzeit eines Vertrags, desto geringer ist die jährliche Kostenbelastung, da sich die anfänglichen Kosten über die Laufzeit verteilen.

 Ein Kostenvergleich verschiedener Tarifangebote ist nur dann sinnvoll, so Heermann, wenn einheitliche Vertragsparameter vorliegen. Aber wenn ein Kunde individuelle Vertragsoptionen ausübt, würden die Effektivkosten je nach Ausmaß und Gebührenstrukturen deutlich höher ausfallen. Das gelte für Dynamikanpassungen, Teilauszahlungen und Beitragsfreistellungen. Zudem wirke sich die Überschussbeteiligung der Anbieter auf die Höhe der Effektivkosten aus. Die Vergleichbarkeit sei also nur dann gewährleistet, wenn Fondskosten und Überschüsse während der Laufzeit unverändert bleiben. Heermanns Fazit: Die Auswahl einer passenden Altersvorsorge sollte nicht auf Basis einer (Kosten-)Kennzahl beruhen. Eine gute Rentenversicherung zeichne sich nicht nur durch Kosteneffizienz aus, sondern auch durch Renditepotenziale, Flexibilität, Finanzstärke des Anbieters und nicht zuletzt ihre eigentliche Zweckbestimmung, nämlich die Zahlung einer lebenslangen Rente im Alter. Außerdem berücksichtige die Effektivkostenquote keine Kosten in der Auszahlungsphase.

Mit dem „Fondspolicenreport“ wertet Smart Asset Management Service (sam) gemeinsam mit dem Institut für Vermögensaufbau (IVA) regelmäßig die Leistungsfähigkeit der wichtigsten 20 Tarife fondsgebundener privater Rentenversicherungen aus. Im Fokus steht primär die Investmentqualität einer Fondspolice. „Der langfristige Investmenterfolg hat wenig mit Zufall, Glück oder dem richtigen Zeitpunkt zu tun, sondern eben primär mit der richtigen Kombination und Gewichtung von Anlageklassen und den Auswahlmöglichkeiten von Fonds und die damit zu besetzenden Asset-Klassen in einem bestimmten Tarif“, erläutert Thorsten Dorn, Geschäftsführer von sam und fügt hinzu: „Die Breite des Assetklassen-Angebots zeigt, ob und inwieweit breit diversifizierte Portfolios erstellt werden können.“ Wichtig sei, ob und welche Restriktionen – etwa maximale Anzahl von Einzelfonds und Mindestinvestitionsquote pro Fonds – bestehen. Zudem werden Aspekte wie die Höhe der Kickbacks oder kostenlose Fondswechsel pro Jahr berücksichtigt.

Die Gesamtbewertung setzt sich aus einzelnen Blöcken zusammen. Dazu wurden für die Kundenprofile „Defensiv“, „Ausgewogen“, „Wachstum“ und „maximale Rendite“ optimierte Portfolios auf Basis der Strategischen Asset-Allokation ermittelt. Bei der Punktevergabe spielten in diesem Teilbereich des Rankings die jeweils durchschnittlich erwartbaren Renditen und Verlustrisiken der Portfolios sowie das Verhältnis zwischen den beiden Kennzahlen eine Rolle. Die maximal erreichbare Punktzahl beträgt 150. Für die Bewertung „Top-Rating“ sind mindestens 90 Prozent der maximalen Punktzahl erforderlich (siehe Schaubild).

„Die Erstellung möglichst breit diversifizierter Portfolios erfordert die konsequente Besetzung von Assetklassen mit entsprechenden Einzelfonds“, erklären die Studienverfasser. Ein Tarif sollte demnach eine Mindestanzahl an gleichzeitig anwählbaren Fonds zulassen. Zusätzlich sollte ebenso eine geringe Gewichtung je Einzelfonds möglich sein, um ermittelte Assetklassen-Gewichtungen entsprechend umsetzen zu können. Restriktionen hierbei erschwerten eine granulare Gewichtung der Assetklassen und gehe zulasten der Rendite. Acht untersuchte Tarife erlaubten es, nur maximal zehn Einzelfonds pro Vertrag auszuwählen und zu besparen. Diese Restriktion könne in Verbindung mit einer hohen Mindestgewichtung zu einer Einschränkung in der Umsetzung der strategischen Asset Allokation führen und wichtige Renditepunkte kosten. Zwölf der untersuchten Tarife ermöglichen 20 oder mehr gleichzeitig anwählbare Einzelfonds.

zu wenig rentenfonds

Für die Analyse und die Beurteilung des Einzelfondsangebotes ist laut Studie nicht die Anzahl der angebotenen Fonds wichtig, sondern vielmehr, welche Assetklassen mit Fonds besetzt werden können. Und hier kranke das Angebot: „Bei allen untersuchten Tarifen findet sich nach wie vor eine Häufung in den Assetklassen Aktien Global und Aktien Europa“, heißt es. In anderen Anlagesegmenten stünden aber eher wenig Fonds zur Verfügung. Für Dorn besteht beispielsweise auf der „Rentenseite“ teilweise deutlicher Nachholbedarf. Diese Fonds seien aber insbesondere für Kunden mit weniger Risikobereitschaft und defensiven oder ausgewogenen Portfolios notwendig. In der Praxis werde daher oft auf Mischfonds ausgewichen. Weiterhin gebe es häufig Lücken in den so genannten Satelliten-Assetklassen, die für alle Kundenprofile wichtig seien, um zusätzlich nötige Rendite zu erzielen. Der sam-Geschäftsführer räumt ein, dass es jedoch Versicherer gebe, die mehr als 90 bis 100 Prozent abdecken. Das Gefälle zwischen den Anbietern sei aber sehr groß – so gebe es auch Anbieter mit 50 Prozent oder weniger. Hier gilt laut Dorn: „Umso mehr, umso besser.“ 

FONDS exklusiv hat daraufhin stichprobenartig bei einigen Versicherern nachgefragt. Diese verweisen unisono darauf, dass alle wichtigen Assetklassen, Investmentthemen und -stile in der Fondsauswahl vertreten seien, heißt es etwa bei der Stuttgarter. Dort werde die Auswahl regelmäßig überprüft und kontinuierlich mit vertriebs- und marktrelevanten Fonds ergänzt. Die „FlexRente performance+“ biete dabei zu 100 Prozent kickbackfreie Fonds mit niedrigeren Kostenquoten.

„Unsere Angebotspalette umfasst derzeit 165 Fonds und ETFs, innerhalb derer Kunden bei uns nach Assetklassen, Regionen, Sektoren und nach Nachhaltigkeitspräferenzen auswählen können. Dazu kommen unsere aktiv gemanagten exklusiven Portfoliolösungen“, meldet die LV 1871. Neben den großen Themen wie weltweite Aktien verfüge die Alte Leipziger auch über viele regionale, faktor- oder themenbasierte Fonds. Selbst aus brasilianischen oder japanischen Nebenwerten könnten die Kunden wählen. Darüber hinaus weist man auf die Option einer fondsbasierten Auszahlphase bei der Police „FR10“ hin. Damit könnten Kunden maximal bis zum Alter 90 in ihren Fonds investiert bleiben, während sie eine regelmäßige Auszahlung erhalten.

Aus Sicht von Standard Life ist eine hochwertige Fondsauswahl als Investmentmotor für den Vermögensaufbau wichtig sowie eine hohe Flexibilität, um auf veränderte Lebens- und Kapitalmarktsituationen reagieren zu können. „Maxxellence Invest“ biete dazu eine gute Absicherung gegen biometrische Risiken wie die Berufsunfähigkeit sowie die notwendige Transparenz. Die Grundidee von „Swiss Life Maximo“ bestehe in einem sehr hohen Investment in Sachwerten – wie Aktienfonds und kostengünstigen ETFs, um Renditechancen zu nutzen. Der intelligente Anlagemechanismus und die individuell wählbare Bruttobeitragsgarantie von null bis 80 Prozent sorgten bereits ab Vertragsbeginn für eine Investmentquote nahe 100 Prozent, heißt es vonseiten der Swiss Life. Insgesamt könne die Kapitalanlage aus über 180 Anlagestrategien, Einzelfonds und ETFs zusammengestellt werden, darunter auch Fonds, die ökologische oder soziale Merkmale haben.

Die „Ergo Rente Balance“ zeichne sich durch hohe Flexibilität aus: In der Kombination von Fondsanlage und klassischem Sicherungsvermögen sei alles bis zu 100 Prozent Fondsanlage oder 100 Prozent klassische Anlage wählbar. Zudem hebt der Versicherer das Angebot von aktuell über 80 Fonds aus unterschiedlichen Assetklassen hervor, die regelmäßig überprüft würden. Dabei flössen insbesondere Ratingergebnisse, Kosten, Vergangenheitsrenditen und Fondsvolumen in den Prüfprozess ein.

Die Fondspolice der Liechtenstein Life Invest biete sowohl volle Transparenz als auch maximalen Gestaltungsfreiraum, die Police auf die individuelle Situation anzupassen. Auch die Helvetia betont die „höchste Flexibilität innerhalb der Anlageauswahl“. Der Deckungsstock könne als Sicherungsbaustein wie ein Fonds ausgewählt werden und innerhalb von zwei Börsentagen herein- und herausgenommen werden. Diese Sicherheit könne durch die optionalen Automatismen Anlaufmanagement, Rebalancing, Ablaufmanagement zusätzlich erweitert werden. Die Liechtenstein Life weist noch auf folgendes Problem hin: Obwohl ihre Fondspolice die Auswahl aus über 300 Fonds und gebührenfreie Fondswechsel anbietet, blieben die Kunden und ihre Berater in der Regel passiv. „Wir wünschen uns, betonen die Experten, „dass die Chancen, die sich durch das breite Fondsuniversum ergeben, expliziter wahrgenommen werden.“