Die Zusammenbrüche der SVB und der Signature Bank zeigen Schwächen im amerikanischen Bankensystem auf, insbesondere im Hinblick auf regionale Institute, konstatiert Daleep Singh, Chefökonom bei PGIM Fixed Income. Dennoch meint er, dass die Situation aus Sicht von Anleiheinvestoren einige positive Aspekte aufweist: Die Entwicklungen werden wahrscheinlich zu einer strengeren Regulierung des Bankwesens führen und die Wahrnehmung der Kreditqualität des Sektors verbessern.
Die weiteren Einschätzungen in seinem aktuellen Marktkommentar: Die wirtschaftlichen Auswirkungen deuten auf einen geringeren Inflationsdruck in der Zukunft hin, was angesichts des relativ gesunden konjunkturellen Umfelds (abgesehen von der Inflation) eine günstige Ausgangslage für Unternehmensanleihen darstellen könnte. Betrachtet man die Maßnahmen der Regulierungsbehörden zur Eindämmung möglicher Ansteckungseffekte, wirft jeder Schritt seine eigenen Fragen auf, etwa das „Bank Term Funding Program“ der Fed. Dieses bietet Einlageninstituten Kredite zu OIS (Overnight Index Swap) + 10 Basispunkte für zulässige Staatsanleihen und MBS an, die zum Nennwert bewertet werden, und wird durch einen Puffer von 25 Milliarden US-Dollar aus dem Devisenstabilisierungsfonds des Finanzministeriums zur Deckung potenzieller Verluste gestützt.
VIELE OFFENE FRAGEN
Im Wesentlichen ist der Puffer eine Art implizite Kapitalspritze für das Bankensystem, die politische Auswirkungen hat. Darüber hinaus wirft das Programm die Frage nach dem Stigma auf, das mit seiner Inanspruchnahme verbunden ist (sobald die Kreditaufnahme öffentlich gemacht wird). Mit Blick auf die SVB-Bilanz und die zum Verkauf stehenden Wertpapiere stellt sich auch die Frage, wie die Fed die Solvenz der Kreditnehmer im Hinblick auf die Inanspruchnahme des Programms bewerten wird.
Wir gehen davon aus, dass der Zusammenbruch der SVB spürbare wirtschaftliche Auswirkungen haben wird. Obwohl etwa 20 Prozent der Kreditvergabe in den USA über die Banken und der Rest über die Kapitalmärkte läuft, ist die Risikovorsorge der Banken mit etwa 6,5 Billionen US-Dollar beträchtlich, und eine Kürzung könnte die Kreditvergabe bremsen, insbesondere bei kleineren, regionalen Banken.
ZINSSENKUNGEN NOCH IN DIESEM JAHR?
Die Folgen wirken sich auch auf unsere Erwartungen an die Geldpolitik aus. Nach dem soliden, aber gemischten US-Arbeitsmarktbericht vom vergangenen Freitag rechneten wir mit einer Anhebung des Leitzinses um 50 Basispunkte auf der FOMC-Sitzung nächste Woche. Zum jetzigen Zeitpunkt sehen wir jedoch eine Anhebung um 25 Basispunkte auf dem Weg zu einem Höchststand der Fed Funds Rate von 5,5 Prozent, was mit unseren früheren Einschätzungen übereinstimmt. Mit Blick auf die zweite Jahreshälfte 2023 gehen wir davon aus, dass der Zusammenbruch der SVB die Gründe für mehrere vorsorgliche Zinssenkungen gegen Ende des Jahres noch verstärkt.
Die Situation ist auch für die Politik von Bedeutung, da es sich unserer Ansicht nach um eine indirekte Liquiditätsspritze für das Bankensystem handelt und Fragen bezüglich staatlicher Sicherungsmaßnahmen für alle nicht versicherten Einleger aufgeworfen werden (zusätzlich zu der Frage, ob der Einlagensicherungsfonds groß genug ist, um nicht versicherte Anleger implizit zu decken). Darüber hinaus wirft sie einige heikle Fragen zur Rolle des Staates in diesem Sektor auf.