Frédéric Leroux, Mitglied des Strategic Investment Committee von Carmignac, stellt in seinem Marktkommentar fest: Die nicht nachlassende Inflation überrascht die Marktteilnehmer noch immer und die Gründe für den langfristigen Preisanstieg werden nicht ausreichend berücksichtigt, was den Nährboden für einen dauerhaften Trend bildet. Dieses Umfeld, das für viele Anleger völlig neu ist, begünstigt aktive Vermögensverwaltungsansätze.
Die Inflation, die 40 Jahre lang kein Thema war, ist zurück – und sorgt an den Märkten für Beunruhigung. Von den Finanzakteuren, die 1980 an der Börse aktiv waren, sitzen heute nur noch sehr wenige an den Bildschirmen. Doch aus dem Zeitraum zwischen 1965 und 1980 lassen sich viele Lehren ziehen. Damals wurde die Inflation durch einen Ölpreisschock ausgelöst, der eine lange ruhige Phase bei der Preisentwicklung beendete; der Ablauf war der gleiche wie in der aktuellen Situation.
Es gibt nun jedoch mehrere strukturelle Inflationstreiber, die berücksichtigt werden sollten: die demografische Entwicklung (weniger Sparer weltweit, weniger junge Menschen in China, die auf den Arbeitsmarkt drängen), den Handel (sinkender Anteil des Welthandels am BIP und weniger kompetitive Disinflation, mögliches Ende des Preisverfalls im Onlinehandel), gesellschaftliche Faktoren (Vorrang ethischer Erwägungen gegenüber schnellen Erfolgen) und die Energiewende.
Wenn sich solche Grundtendenzen umkehren, kann dies zu einer anhaltenden Inflation führen. Kann es den Zentralbanken daher wirklich gelingen, die Inflation mithilfe von einigen Zinsanhebungen einzudämmen?
Eine Vorgehensweise wie 1980 in den USA ist heute unmöglich
Heute wären Entscheidungen, wie sie 1980 in den USA gefällt wurden, kaum vorstellbar. Paul Volcker, der damalige Präsident der US-Notenbank Fed, hob die Leitzinsen auf 20 Prozent an, und die Inflation ging auf etwa 10 Prozent zurück.
Darüber hinaus wurden immense Investitionen im US-Ölsektor getätigt, um nach dem Ölpreisschock von 1973 die lokale Förderung auszubauen. Dies wäre heute undenkbar. Viele Marktteilnehmer glauben, dass mit einem Ende des Krieges in der Ukraine auch der Anstieg der Energiepreise schnell vorbei wäre. Aber solange man nicht von einem Rücktritt Wladimir Putins ausgehen kann, ist nicht gesagt, dass die früheren Versorgungsquellen umgehend wieder zur Verfügung stehen werden.
Alternative Lösungen stehen noch nicht bereit. Gleichzeitig treibt der Rückgang der Investitionen in fossile Energien deren Kosten seit fast zehn Jahren unausweichlich nach oben. Dass wir mit einer Energiekrise konfrontiert sind, obwohl China stillsteht, zeigt im Übrigen, wie ernst die Lage ist.
Nährboden für eine anhaltende Inflation
Die nicht nachlassende Inflation, die lange Zeit als „vorübergehendes Phänomen“ eingestuft wurde, überrascht die Anleger immer noch, und die Gründe für den langfristigen Preisanstieg werden nicht ausreichend berücksichtigt. Dies bildet den Nährboden für einen dauerhaften Trend.
Angesichts der heute recht niedrigen Schmerzgrenze ist es sehr wahrscheinlich, dass die Zentralbanken schon beim ersten Anzeichen eines Rückgangs der Kerninflation umgehend die Zinsen senken – was zu früh wäre.
Der aktuelle Inflationsanstieg hält den Konjunkturzyklus am Laufen, indem er die Zentralbanken zum Handeln zwingt. Da er durchaus länger andauern könnte, sehen wir uns veranlasst, die Strukturierung unserer Portfolios auf den Konjunkturzyklus abzustimmen. Dieses Umfeld, das für viele Anleger völlig neu ist, begünstigt somit aktive Verwaltungsansätze, und zwar entgegen der allgemeinen Überzeugung auch im Anleihebereich.