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Droht die nächste Bankenkrise?

März 2023
Ein großer Unterschied zu den Jahren 2007 und 2008 ist die weltweite Entschlossenheit von Zentralbanken und Regierungsorganen bei der Bekämpfung der heutigen Krisensymptome, betont Marcus Hüttinger, Marktstratege bei der GANÉ AG. Hüttinger liefert eine Analyse.
GANÉ
Marcus Hüttinger, GANÉ

Der Untergang der US-amerikanischen Silicon Valley Bank und der Signature Bank hat Erinnerungen an die Große Finanzkrise aus dem Jahr 2008 zurückgebracht. Zusammengebrochene Aktienkurse und um Besonnenheit bittende Regierungsvertreter bestimmten damals die Nachrichtenlage. Und heute? Kleine und mittelgroße US-Banken verlieren teils rasant ihre Bargeldeinlagen und in gleichem Maße, wie die Aktienkurse fallen, schnellen die Preise für Kreditausfallversicherungen in die Höhe („Credit Default Swaps“). Selbst ein Rieseninstitut wie die Schweizer Credit Suisse ist davor nicht geschützt. Ihre Geschichte endete nach 167 Jahren im Rahmen einer Notrettung und Zwangsübernahme durch den Konkurrenten UBS. Erleben wir gar eine globale Finanzkrise 2.0?

Ein großer Unterschied zu den Jahren 2007 und 2008 ist die weltweite Entschlossenheit von Zentralbanken und Regierungsorganen bei der Bekämpfung der heutigen Krisensymptome. Die Silicon Valley Bank war in Schieflage geraten, weil Management und Regulierer ein gravierendes Missverhältnis zwischen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten zugelassen hatten. Kurzfristig verfügbare Bargeldeinlagen wurden als Kredite ausgereicht und überdies in langlaufende Staats- und Unternehmensanleihen investiert. Letztere häuften aufgrund der aggressiven Notenbankpolitik mit steigenden Zinsen immer höhere Buchverluste an. Ein erdrutschartiger Abzug von Bargeldeinlagen überstieg die Reserven der Bank, was den schnellen Verkauf der Anleihen unter Realisierung von großen Verlusten notwendig machte.

NEUE LIQUIDITÄTSVERSORGUNG

Unmittelbar nachdem die US-Eilagensicherungsbehörde „FDIC“ am 10. März 2023 die Kontrolle über die Silicon Valley Bank und die Signature Bank übernommen hatte und die Sicherheit der Einlagen garantierte, legte die US-Zentralbank ein sogenanntes „Bank Term Funding Program“ (BTFP) auf. Es garantiert Banken über besicherte Kreditfazilitäten eine schnelle und unkomplizierte Versorgung mit Liquidität. Hierbei werden Verluste für die Institute vermieden, da sie der Notenbank ihre Anleihen zum Nennwert als Sicherheit überlassen. Zeitgleich machte Joe Biden am 13. März 2023 – nur drei Tage später – mit der Aussage „whatever is needed“ überdeutlich, dass er gewillt ist, das Bankensystem um jeden Preis zu stabilisieren. Zum Vergleich: Mario Draghis „whatever it takes“ ließ nach der Großen Finanzkrise 2008 immerhin vier Jahre, bis zur europäischen Staatsschuldenkrise im Juli 2012 auf sich warten.

Eine Gemeinsamkeit mit der Großen Finanzkrise ist heute allerdings zu erkennen: Offensichtlich sind die internen Risikosysteme der Kreditinstitute und die staatliche Regulierung trotz Stresstests und höherer Eigenkapitalanforderungen nicht ausgereift genug, um einen schlagartigen Vertrauensverslust ist das Bankensystem zu verhindern. Zusätzlich schlummert aufgrund der enormen Komplexität von Derivatestrukturen, wie im Fall der Credit Suisse, ein nur schwer zu kalkulierendes Risiko in den Bilanzen zahlreicher systemrelevanter Banken. Warum sonst hätte sich die UBS im Zuge der Übernahme der Credit Suisse vom Schweizer Staat und der eidgenössischen Nationalbank eine Verlustabsorption in Höhe von 9 Milliarden Franken und zusätzliche Liquiditätshilfen in Höhe von bis zu 200 Milliarden Franken zusichern lassen?

Das schnelle Eingreifen von Zentralbanken und Staatsorganen sollte jedenfalls eine „Bankenkrise 2.0“ bis auf Weiteres verhindern können.