Während sich das Jahr langsam dem Ende neigt, bleiben die Märkte konstant in Bewegung. Anleger sehen sich dabei neuen Risiken gegenüber. Laut Christophe Braun, Equity Investment Director bei Capital Group, ist die Beibehaltung eines Allwetterportfolios in dieser Situation unabdingbar „Obwohl sich die Welt dramatisch verändert, bieten sich für selektive Anleger zahlreiche Chancen“, erklärt Braun. „Durch einen Bottom-up-Ansatz, der sich auf die Fundamentaldaten konzentriert und Unternehmen identifiziert, die ein starkes Ertragswachstum generieren können, besteht eine gute Chance, dass die Zukunft für langfristige Anleger weiterhin positiv aussieht.“
Laut Braun gebe es dabei verschiedene Investmentthemen, die für ein langfristiges Portfolio in Betracht gezogen werden sollten:
PREISSETZUNGSMACHT
„Die Inflation wird in den nächsten Monaten anhalten“, davon ist Braun überzeugt. „Sie bleibt eines der größten Risiken für Anleger für den Rest des Jahres 2022.“ Daher sollten sich Anleger darauf konzentrieren, Unternehmen mit Preissetzungsmacht zu finden, die ihre Gewinnmargen schützen können, indem sie gestiegene Kosten an die Kunden weitergeben.
Zu den Unternehmen mit Preissetzungsmacht würden potenziell Konsumgüterunternehmen mit starkem Wiedererkennungswert, wie die Getränkehersteller Keurig Dr Pepper und Coca-Cola, gehören. Auch Unternehmen im schnell wachsenden Videospielesegment, wie Microsoft und Tencent, sowie Unternehmen, die wichtige Dienstleistungen anbieten, wie Pfizer und UnitedHealth, könnten in diesem Zusammenhang eine Investition wert sein.
HIGH-TECH
Da Preissetzungsmacht ein Schlüssel zur Inflationsbekämpfung sei, befinde sich die Halbleiterindustrie in einer starken Position, denn ein Ende des weltweiten Appetits auf diese Bauteile sei derzeit nicht abzusehen. „Außerdem sind sie das Fundament der Cloud-Technologie, auf deren Basis viele Unternehmen ihr Geschäft betreiben“, so Braun. „Doch auch hier befinden wir uns noch in den Anfängen der Umstellung, was erhebliches Potenzial bietet.“ Ein dritter Bereich sei ebenfalls interessant: Wenn Chips das Rückgrat der Cloud sind, dann sei die Software das Hirn. Heute treibe Software nicht nur den Fortschritt im elektronischen Handel und im Finanzwesen voran, sondern auch im Gesundheitswesen, im Bildungswesen, im Transportwesen, im Bauwesen und in der Landwirtschaft. Der Spielraum für Technologie sollte nach Einschätzung Brauns nicht übersehen werden.
COMEBACK DER DIVIDENDE
„Viele Unternehmen wandeln sich derzeit von Dividenden-Nullen zu Dividenden-Helden“, sagt der Experte. „Besonders in Europa setzten die Unternehmen während der Pandemie aufgrund von politischem oder regulatorischem Druck ihre Dividenden aus. Doch nun verfügen viele von ihnen über überschüssiges Kapital, das sie in Form von regelmäßigen und nachgeholten Dividenden umschichten können.“ Braun konzentriere sich auf Unternehmen mit einem starken zugrunde liegenden Gewinnwachstum, die sich verpflichtet hätten, ihre Ausschüttungen im Laufe der Zeit zu erhöhen.
INNOVATION IM GESUNDHEITSWESEN
Angesichts der jüngsten Fortschritte in der Genom- und Proteom-Analyse und der Einführung zahlreicher neuer Arten von Medikamenten glaubt Braun, dass die rasante Geschwindigkeit anhalten werde, mit der lebensverändernde Medikamente zugelassen und entwickelt werden. Heute gebe es neue Therapien, die darauf abzielen, die Art und Weise zu verändern, wie der Körper Krankheiten selbst erkennt und behandelt. Diese Therapien hätten das Potenzial, das Leben zu verlängern und den Unternehmen, die sie erfolgreich entwickeln können, Einnahmen in Milliardenhöhe zu bescheren.
WANDEL IM VERKEHRSWESEN
„Die Akzeptanzkurve von Elektrofahrzeugen (EVs) ist steiler geworden, vor allem dank staatlicher Anreize und strengerer Emissionsnormen für gasbetriebene Autos, insbesondere in China und Europa“, analysiert Braun. „Obwohl Elektroautos an der Schwelle zur Rentabilität stehen, werden einige wahrscheinlich früher als andere dort ankommen. Tesla ist hierbei klarer Spitzenreiter, der im Jahr 2021 kurzzeitig eine Marktkapitalisierung von einer Billion US-Dollar überschritten hat.“ Unternehmen, die den Strukturwandel schnell angehen und sich rasch anpassen würden, hätten langfristig bessere Chancen auf Erfolg, unabhängig davon, ob es sich um Branchenriesen oder Start-ups handele.
FAZIT
Das derzeit schwierige Umfeld führe zu einer erhöhten Marktvolatilität. Die Geschichte habe jedoch gezeigt, dass sich die Märkte in der Vergangenheit von geopolitischen und wirtschaftlichen Marktschocks erholt haben. „Für Anleger ist es deshalb wichtig, sich daran zu erinnern, dass sich die Märkte langfristig als widerstandsfähig erwiesen und viele Herausforderungen gemeistert haben“, resümiert Braun. Jetzt sei es an der Zeit, das eigene Portfolio zu bewerten, sich zu fokussieren und langfristig zu investieren. Themen gebe es genug.