Als die Corona-Krise die Aktien-märkte kräftig durchschüttelte, blieben die Anleger an Bord ihrer global und nachhaltig ausgerichteten Fondsflaggschiffe. Mehr noch, teils nutzen Investoren sogar die Gelegenheit, um zu niedrigeren Kursen Fondsanteile nachzukaufen. Das zeigen Nachfragen bei einigen Fondshäusern dieser großen „grünen“ Aktienfonds, die über Volumina von jeweils über einer Milliarde Euro verfügen. Unterstützend dürfte sicherlich das Wissen um die langfristige Ausrichtung der Kapitalanlagen gewirkt haben. So haben die Fonds in den zurückliegenden zehn Jahren trotz mancher Börseneinbrüche eine Performance von durchschnittlich zwischen acht und zwölf Prozent pro Jahr erzielt. Das schafft Vertrauen unter den Anteilseignern.
Cash-Quote bis zu 40 Prozent
„Das Portfoliomanagement der ÖKOWORLD hatte die Krise bereits relativ früh antizipiert und die Fonds entsprechend ausgerichtet“, sagt Alexander Mozer, CIO der ÖKOWORLD LUX S.A. und beziffert den erreichten Barmittel-Anteil beim ÖKOWORLD Ökovision Classic auf teilweise bis zu 40 Prozent. Dadurch habe sich die Fondsperformance bisher deutlich positiv vom Gesamtmarkt absetzen können und in den ersten vier Monaten dieses Jahres ein Minus von rund zwei Prozent erzielt. „Das ist eine signifikante Outperformance zu herkömmlichen Indizes und setzt ihn an die Spitze der Vergleichsfonds“, freut sich Mozer. „Unsere Cashquote lag zeitweilig bei maximal zehn Prozent“, sagt Christian Zimmermann, Senior Portfolio Manager des Amundi Funds Global Ecology ESG. Das Kürzel ESG steht in der Branche für die englischen Begriffe Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Besonders um besser durch Krisen zu kommen, hat der Fondsanbieter ein Stopp-Loss-System implementiert: Durchschreiten die Portfoliotitel definierte Kursniveaus, liefert das System ein Signal ans Fondsmanagement. „Dann entscheide ich, ob wir uns von dem Wert trennen oder nicht. Es ist also kein Automatismus“, sagt Zimmermann, der das grüne Fondsflaggschiff seit 18 Jahren lenkt. Zurückliegend habe es sich zwar meistens ausgezahlt, dem Ausstiegssignal zu folgen, aber nicht zwingend in dieser Börsenkrise: „Da die Aktienmärkte in sehr kurzer Zeit stark gefallen waren, war das Risiko weiterer Kursverluste gering, sodass wir – primär abgesehen von einigen zyklischen Titeln – in der Erwartung bald wieder steigender Kurse investiert geblieben sind“, erläutert der Fondsmanager. Zu Recht, wie sich zeigte.
„Die schlechte Performance im ersten Quartal ist auf die Übergewichtung in Industriezyklikern und Unternehmen der Werk-/Baustoffbranche zurückzuführen“, sagt Hubert Aarts, Fondsmanager des BNP Paribas Global Environment und fügt hinzu, dass dies durch die Untergewichtung in Finanz- und Energietitel zum Teil wettgemacht wurde. Ein weiterer negativer Einflussfaktor waren Teilmärkte der Automobilbranche. Hier sei der Fonds in Unternehmen investiert, die auf den Wechsel zu Hybrid- und Elektrofahrzeugen ausgerichtet sind. Auf das Risikomanagement angesprochen, verweist Aarts auf Kennziffern wie das Verhältnis des Fondsexposures zur Benchmark, ESG-Probleme von Titeln oder Branchen sowie den Tracking Error und das Value at Risk.
Als zentrales Element des Risikomanagements gilt produktübergreifend die Anwendung der hauseigenen ESG-Kriterien. „Wir erstellen ein ESG-Rating für jede Aktie. Es entscheidet, ob und in welchem Umfang wir investieren“, sagt der BNP Paribas-Fondsmanager. Mozer von ÖKOWORLD hebt hervor: „Unser strenger ethisch-ökologischer Kriterienkanon liefert durch die Auswahl sehr gut geführter und zukunftsorientierter Unternehmen bereits eine Risikoreduktion bevor wir überhaupt das Portfolio zusammenstellen.“ Für Robeco betont Jan Keuppens, Portfoliomanager des Robeco Sustainable Global Stars Equity Fund, dass sie aus der Perspektive des Risikomanagements einen großen Aufwand betreiben, um die Korrelationen der einzelnen Investments so niedrig wie möglich zu halten. „Das hat sich während des Ausverkaufs wirklich ausgezahlt“, ergänzt Keuppens.
Zimmermann wie Mozer heben als weiteren risikomindernden Aspekt hervor, dass ein Portfoliotitel maximal drei Prozent des Fondsvolumens auf sich vereinigen darf. Der Amundi-Fondsmanager ergänzt noch, dass jeder Sektor, in den er investiert, nicht mehr als 25 Prozent des Fondsportfolios ausmachen darf. Mit einem Minus von 10,6 Prozent per 30. April 2020 hat das Fondsflaggschiff performanceseitig ebenfalls kräftig aufgeholt, bleibt damit aber deutlicher im roten Bereich – und mit einem halben Prozentpunkt hinter dem konventionellen Vergleichsindex, dem MSCI World, zurück. Der aktuelle Spitzenreiter auf Zehn-Jahres-Sicht unserer Performanceübersicht hinkt dem konventionellen Index sogar einen Prozentpunkt hinterher. Möglicherweise ist dies der Grund, warum sich das Fondsmanagement nicht zu kurzfristigen Entwicklungen äußern will und weniger der als Grund ins Feld geführte langfristige Anlagefokus.
Insgesamt gelang es den nachhaltigen Aktienfonds mit globalem, europäischem und nordamerikanischem Investmentfokus im Durchschnitt aber ihren Vergleichsindex zu schlagen. Die höchste Outperformance erzielten dabei global orientierte Nachhaltigkeitsfonds. Auch gegenüber Aktienfonds ohne Nachhaltigkeitsfokus verloren die ESG-Fonds im Durchschnitt weniger an Wert. Lediglich bei den Produkten mit globalem Fokus gab es ein Patt. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Analyse von Scope, die von mehr als 2.000 Aktienfonds die Anlageergebnisse des ersten Quartals dieses Jahres unter die Lupe nahmen (siehe Tabelle oben).
Die Gründe für diese Entwicklung sind vor allem im Branchenfokus und in der Titelwahl der globalen ESG-Fonds zu finden. „Einer der stärksten Bereiche war der Pharmasektor“, sagt Keuppens. Starke Bilanzzahlen, regelmäßige Dividendenzahlungen und auf Sicht einen guten freien Cashflow leisten ihren Beitrag zu einer starken absoluten Performance, betont der Fondsmanager. Laut Scope-Studie zählten die Sektoren Gesundheit und Basiskonsumgüter im ersten Quartal 2020 zu den Top-3-Sektoren, gemessen an den MSCI Total Return Sektor-
indizes. „In beiden Sektoren wiesen globale nachhaltige Aktienfonds eine sehr hohe Gewichtung bzw. Übergewichtung gegenüber ihren Vergleichsindizes auf“, schreiben die Verfasser weiter.
Verlustbranchen umschifft
„Unser Team hat sich schon am Anfang der Krise auf die Suche nach Gesellschaften gemacht, die viele der aufgekommenen Probleme adressieren können“, sagt der ÖKOWORLD-CIO. Dies habe dazu geführt, dass z. B. mit Teladoc ein auf Tele- und Digitalmedizin spezialisiertes Unternehmen inzwischen in den Top Ten des Fonds zu finden ist. Auch Investments in Spanien, wie den Spezialisten für Blutplasmaprodukte Grifols sowie in Italien, wie z. B. Diasorin, das u. a. Tests für das Coronavirus herstellt, haben positive Performancebeiträge geliefert. Sorgen bereiteten hingegen Immobilienentwickler und Unternehmen aus den Schwellenländern, die „teils deutlich an Wert verloren“. Von den Problemen in der Automobilindustrie oder der Luftfahrtbranche sei man aber ebenso wenig betroffen wie von den Kursrückgängen im Bereich der fossilen Energieträger. „Im Gegenteil“, so Mozer weiter, „einige unserer Unternehmen der erneuerbaren Energien nähern sich bereits wieder ihren Allzeithochs. Das zeigt auch ganz klar, wie die Richtung in den nächsten Jahren sein wird.“
„Zyklische Titel aus der Automobil- und Chemieindustrie, in die wir aber kaum investiert sind, kamen extrem unter Druck, von der Luftfahrt- und Hotelbranche ganz zu schweigen“, bestätigt Zimmermann. Demgegenüber hätten sich Versorger- und Wasser-Aktien sehr stabil gehalten. Künftig sieht er die Branchen Healthcare, Technologie und Digitalisierung als Gewinner der Krise. Einige Titel sind aber bereits sehr hoch bewertet, weil der Markt künftige Entwicklungen schon stark vorweggenommen hat. „Deshalb habe ich bei manchen Bewertungen derzeit Bauchschmerzen und warte lieber auf einen besseren Einstiegszeitpunkt“, so der Fondsmanager. Mit Blick auf die Bewertungssituation hält Zimmermann derzeit viele europäische Unternehmen für aussichtsreicher. „Und im Durchschnitt verfügen die Gesellschaften, mehrheitlich europäische, in die der Fonds investiert, über ein deutlich höheres ESG-Rating als amerikanische“, sagt er und betont: „Als Manager des Amundi Funds Global Ecology ESG ist es mein Bestreben, ein im Vergleich zum konventionellen Weltindex MSCI World spürbar höheres ESG-Profil zu erreichen.“
„Nachhaltige Aktienfonds sind häufig relativ defensiv positioniert, da sie in Unternehmen sehr guter Qualität und meist mit überdurchschnittlich gutem ESG-Rating investieren“, schreiben die Studienverfasser. Demnach sind die Gesellschaften durch sehr solide Bilanzen, stabile Einnahmen und hohe Gewinnmargen gekennzeichnet. Zudem würden sie als Marktführer über Preisgestaltungsmacht verfügen, die ihnen in Kombination mit stabilen, wiederkehrenden Einnahmen auch in Krisenzeiten eine relativ stabile Ertragslage verschafft. Die Scope-Analysten resümieren daher: „Tatsächlich erweisen sich viele dieser Unternehmen in der Krise als resilienter als ihre weniger nachhaltigen Wettbewerber.“