Die Produktionskosten für Strom aus Erneuerbaren sinken Jahr für Jahr. IRENA, die International Renewable Energy Agency, berichtete im Juli, dass die Kosten von Strom aus Solarkraftwerken in den elf Jahren bis 2021 global um rund 88 Prozent gesunken sind, zeit Dieter Wermuth, Ökonom und Partner bei Wermuth Asset Management, auf. Für Windenergie waren es weniger: durchschnittlich minus 10 Prozent für Windräder an Land und minus 8 Prozent für Offshore-Anlagen.
Steigende – oder zumindest sehr hohe – Verkaufspreise für Strom aus Erneuerbaren sowie rasch sinkende Herstellungskosten ergeben aus Anlegersicht eine äußerst attraktive Mischung. Europäische Haushalte dürften zurzeit – oder in Kürze – mindestens 40 Euro Cents für eine Kilowattstunde Strom bezahlen. Viele sind schockiert, weil sie damit an den Rand ihres Existenzminimums geraten. Der Umstieg auf Erneuerbare (und Wärmepumpen) hat zwar erneut Fahrt aufgenommen, aber fast alle sind sich einig, dass noch mehr Tempo nötig ist.
Können die Kosten tatsächlich weiter so rasch zurückgehen wie bisher? Immerhin sind sie global bereits auf 3,3 US Cents/kWh bei onshore Wind und auf 4,8 US Cents/kWh bei Solar gesunken, so dass vielleicht nicht mehr so viel Spielraum nach unten übrig ist. Die Antwort ist trotzdem ein klares Ja, denn die Zukunft der Erneuerbaren hat gerade erst begonnen. Sie machen bisher nur etwa 15 Prozent des Verbrauchs an Primärenergie aus, sowohl global als auch in Europa. Dieser Anteil wird angesichts der riesigen Gewinnmargen – Grenzkosten nahe Null in Kombination mit extrem hohen Verkaufspreisen – zwangsläufig kräftig steigen und beispielsweise in Deutschland nach Berechnungen des Fraunhofer ISE bereits 2040 einen Anteil von 40 Prozent erreichen. Im Rest der Welt wird es nicht anders sein.
Allein durch die Massenproduktion von Solarpanelen und Windturbinen, die die Energiewende mit sich bringt, werden die Aufwendungen pro Einheit weiter sinken. Investitionen in Erneuerbare verbilligen sich. Hinzu kommt der stetige technische Fortschritt in einem Sektor, der sich noch in der Frühphase seiner Entwicklung befindet.
Die Energiewende ist im Übrigen inzwischen ein zentraler Teil der Sicherheitspolitik Europas. . Darüber hinaus ist es wahrscheinlicher geworden, dass die Pariser Klimaziele doch noch erreicht werden und wir die Erde unseren Kindern und Enkeln in einem besseren Zustand überlassen, als wir es bis vor Kurzem befürchten mussten.
Aus gesamtstaatlicher Sicht wird sich die Energiewende auch als ein wirtschaftlicher Erfolg erweisen. In Deutschland können sich beispielsweise Bund und Länder bekanntlich langfristig immer noch zu Zinsen von etwa 2,5 Prozent verschulden. Der Ertrag, der sich in Gestalt geringerer Energieimporte und höherer Steuereinnahmen ergibt, dürfte den Schuldendienst um ein Vielfaches übertreffen. In den vergangenen zwölf Monaten beliefen sich die Energieimporte Deutschlands brutto auf 179 Milliarden Euro, oder 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (und 129 Prozent mehr als in den zwölf Monaten zuvor). Die Nettoenergieimporte dürften bei etwa 130 Milliarden Euro liegen. Wenn diese Ausgaben mehr und mehr durch inländische Erneuerbare ersetzt werden, wonach es jetzt aussieht, finanziert sich die Energiewende von selbst. Je rascher es vorangeht, desto profitabler.