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„Nicht alle Dividendenzahler sind gleich.“

Januar 2021
Karsten Stroh, Investment Specialist in der International Equity Group bei J.P Morgan Asset Management, spricht im Interview mit FONDS exklusiv Online über die Folgen der Dividendenkürzungen und gibt eine Einschätzung, wohin die Reise 2021 gehen könnte.
JP Morgan AM
Karsten Stroh, JP Morgan AM

FONDS exklusiv: Wie hat die Corona-Krise die Selektion von Dividendentitel im JPMorgan Investment Funds – Global Dividend Fund beeinflusst, zumal die Kürzungen in einigen Regionen doch recht kräftig ausfielen?
Karsten Stroh: Wir haben selektiv einzelne Positionen im Portfolio angepasst, es gab aber keine komplette Umstrukturierung. Es gab durchaus Sektoren, für die sich die Dividendenaussichten als herausfordernd darstellen. In Europa wurden etwa Banken und Versicherer von den Aufsichtsbehörden aufgefordert, 2020 kein Kapital auszuschütten, das ansonsten in Form von Dividenden und Rückkäufen an die Aktionäre zurückgeflossen wäre. In den USA haben sich mehrere große Banken verpflichtet, Rückkäufe zu stoppen, und der politische Druck auf die Banken, Dividenden zurückzuhalten, nahm zu. Im Energiesektor setzte der dramatische Rückgang der Ölpreise die Cashflows der Energieunternehmen unter Druck. Aber nicht alle Dividendenzahler sind gleich. Qualitätsunternehmen – also Unternehmen mit starken Bilanzen und hohem „Free Cashflow“ – sind wahrscheinlich am besten in der Lage, regelmäßige Ausschüttungen aufrechtzuerhalten. Dies schließt Unternehmen aus den Bereichen Technologie und Gesundheitswesen ein.

FONDS exklusiv: Angesichts der sehr niedrigen Anleiherenditen werden Dividenden vermutlich dennoch im Fokus der Anleger bleiben?
K.S.: Während die kurzfristigen Aussichten für Dividendenerträge also durchaus von der Pandemie überschattet werden, werden Dividendenerträge im nächsten Investitionszyklus wichtiger denn je sein, da die Zentralbanken die Anleiherenditen auf absehbare Zeit weiter niedrig halten werden. Und so sollten Unternehmen mit starken Bilanzen und einer nachgewiesenen Erfolgsbilanz bei der verlässlichen Steigerung ihrer Dividenden sollten ein wesentlicher Bestandteil eines ertragsorientierten Portfolios sein. Wir sehen aktuell einen guten Einstiegszeitpunkt für Anleger mit einem langen Zeithorizont – es gibt immer noch viele solide Dividendenzahler, bei denen die Bewertungen im vergangenen Jahr überproportional abgestraft wurden.

FONDS exklusiv: Worauf genau wird bei der Wahl der Dividendentitel geachtet?
K.S.: Unsere globale Dividendenstrategie konzentriert sich auf Investments in Unternehmen, die ein starkes und nachhaltiges Dividenden- und Cashflow-Wachstum verzeichnen. Unser Team von rund 80-Buy-Side-Analysten achtet dabei insbesondere auf die Prognose mittelfristiger Cashflows und Dividenden sowie mittelfristiger struktureller Wachstumsraten. Die Portfoliomanager möchten eine attraktive Kombination aus Ertrags- und Kapitalwachstum erzielen, indem sie ein ausgewogenes Portfolio aus den folgenden drei verschiedenen Arten von ertragstarken Dividendentiteln aufbauen. Da gibt es etwa die „Stable High yielders“. Diese Aktien bieten eine Dividendenrendite, die weit über dem Marktdurchschnitt liegt und in der Regel die solide Ertragsbasis für das Portfolio darstellt. Typischerweise gehören dazu etablierte Unternehmen aus stabilen Branchen wie Telekommunikation, Immobilien und Versorger. Dann gibt es die „Compounders“. Diese Aktien haben zwar geringere Dividendenzahlungen, weisen aber in der Regel eine lange Erfolgsgeschichte stetig wachsender Dividenden auf. Unternehmen aus dem Gesundheitswesen und dem Basiskonsumgüterbereich fallen normalerweise in diese Kategorie. Und dann gibt es noch den Bereich „High growth“. Diese Aktien haben eine niedrige laufende Rendite, aber es wird erwartet, dass sie durch steigende Ausschüttungen oder eine zyklische Erholung der Gewinne ein überdurchschnittliches Kapital- oder Ertragswachstum bieten. Eine Reihe US-Finanzdienstleister fallen derzeit in diese Kategorie.

FONDS exklusiv: Worauf sollte man gerade in diesem pandemiegeplagten Umfeld noch achten?
K.S.: Eine Rezession mit einem Ausmaß, wie wir es seit 2008 nicht mehr gesehen haben, hat natürlich Auswirkungen auf die Dividenden. Interessanterweise halten sich Dividenden aber im Schnitt deutlich stabiler als die Gewinne der Unternehmen und gehen um weniger als die Hälfte der Gewinne zurück. Wir beobachten die Entwicklung genau, etwa, wenn die Regulatoren in die Dividendenzahlungen eingreifen. Auch gibt es Branchen und Segmente, die überproportional von der Pandemie betroffen sind und deren Umsätze unwiederbringlich verloren sind. Investoren müssen sich intensiv mit den Details auseinandersetzen und genau prüfen, welche Auswirkungen sich für die einzelnen Unternehmen ergeben. Wichtig ist in Phasen wie jetzt, sehr selektiv zu sein. Insgesamt gilt: Aktien mit hoher Dividendenausschüttung haben sich im Laufe der Zeit immer besser als der Marktdurchschnitt entwickelt: Sie nehmen in guten Zeiten den größten Teil des Aufschwungs mit und bieten zudem Schutz in schwierigen Zeiten. Die zunehmende technologische Disruption in traditionellen Dividendensektoren wie Öl und Gas oder Telekommunikation wurde durch die Pandemie noch weiter verstärkt. Deshalb ist eine hohe Diversifikation des Portfolios in alle Sektoren sinnvoll und es ist sinnvoll, die Disruptoren in Bereichen wie erneuerbare Energien und Software berücksichtigen, auch wenn diese keine „klassischen Dividendentitel“ sind.

FONDS exklusiv: Angesichts dieser Perspektive müsste der Einstieg derzeit günstig sein. Wie sehen Sie das?
K.S.: Das Bewertungsniveau für Dividendentitel war im Sommer/Frühherbst 2020 so niedrig wie zuletzt in der Technologieblase. Historisch fiel die Entwicklung von Dividendentiteln bei solchen Niveaus in den nächsten zwölf Monaten überdurchschnittlich gut aus, sowohl relativ als auch absolut betrachtet. Das aktuelle Niveau kann also ein guter Einstiegszeitpunkt sein. Immerhin haben selbst in diesem Jahr drei Mal so viele Unternehmen im S&P500 ihre Dividenden beibehalten oder sogar erhöht wie Ausschüttungen gekürzt wurden. So ist es für mittelfristig orientierte Anleger nur eine Frage der Zeit, bis wir davon profitieren können.