Lange waren Investments in Private Markets, wie etwa Private Equity oder Private Debt, institutionellen Investoren vorbehalten. Seit geraumer Zeit nutzen ebenfalls hochvermögende Privatanleger die Chancen dieser illiquiden Anlagen, die nicht öffentlich an einer Börse gehandelt werden. Jetzt öffnen sich die Private Markets zunehmend für einen breiteren Kreis von Privatanlegern. Soumaila Tékété, Leiter Alternative Investments bei der Schweizer Privatbank Bergos, sieht mehrere Gründe für diese Entwicklung. „Privatmarktanlagen waren in den 1990er Jahren noch eher experimentell. Mittlerweile ist der Markt gereift. Zudem wurden einige Hürden, die Privatanleger von den Investments ausschlossen, abgebaut oder zumindest reduziert“, sagt der Experte für Alternative Investments bei Bergos.
So waren vor zehn bis 20 Jahren noch mehrstellige Millionenbeträge als Mindestanlage erforderlich, heute ist ein Einstieg in einige Anlagevehikel schon mit deutlich weniger Kapital möglich. Dazu zählen beispielsweise European Long Term Investment Funds, kurz ELTIFs, die sich an Privatkunden richten und einen regulierten Rahmen bieten.
Auch das aktuelle Marktumfeld trägt dazu bei, dass sich die privaten Märkte für Retail-Kunden öffnen. „Der institutionelle Vertriebsweg ist derzeit etwas ‚verstopft‘. Seit dem Start der Zinsanhebungen 2022 ist das Fundraising schwieriger geworden. Insbesondere kleine Private-Market-Fonds haben Probleme, Kapital einzusammeln“, erklärt Tékété. Mit den gestiegenen Zinsen sind die liquiden Anlagen, sowohl Aktien als auch Anleihen, 2022 stark eingebrochen, während sich die illiquideren Privatmarktanlagen deutlich stabiler gezeigt haben. Dadurch ist es zu Verzerrungen in der Asset Allokation institutioneller Investoren gekommen. Der Anteil der Private Markets war in vielen Portfolios plötzlich sehr hoch und der Reinvestitionsbedarf entsprechend geringer. Eine reduzierte Zahl an Unternehmenstransaktionen sorgt seither dafür, dass bereits getätigte Investitionen langsamer zurückgezahlt werden. Die steten Zuflüsse und Reinvestitionen von institutionellen Investoren haben daher nachgelassen, und Fondsanbieter sind bereit, neue Investorengruppen zuzulassen.
Das kurzfristige Wachstum der Private Markets hält Tékété für schwer prognostizierbar: „Nach dem enormen Wachstum während der expansiven Geldpolitik der Notenbanken ist die Lage seit 2022 schwieriger geworden. Das Wachstum war zuletzt schwächer als prognostiziert. Es gibt nicht nur weniger neue Kapitalzusagen, auch die Investitionsseite ist ins Stocken geraten und viele Zusagen wurden noch gar nicht abgerufen. Es gibt noch viel Dry Powder.“ Mittel- bis langfristig werde der Markt für Private Assets aber weiter wachsen. „Wir beobachten bereits eine rege Nachfrage nach Private Assets von Privatkunden. Gleichzeitig hat das Angebot an entsprechenden Produkten deutlich zugenommen, auch viele semi-liquide Fonds sind mittlerweile am Markt“, sagt Tékété, weist aber gleichzeitig daraufhin, dass die Private Markets komplex und nicht so einfach investierbar sind wie Aktien- oder Anleihenmärkte. Es muss sehr viel Aufklärungsarbeit geleistet werden.
Für ein Investment in Privatmarktanlagen sprechen mehrere Argumente. Positive Diversifikationseffekte der Private Assets können das Gesamtrisiko im Portfolio senken. Zwar gibt es einen ökonomischen Zusammenhang zwischen den gelisteten und privaten Anlagen, bei den Preisschwankungen sind die Korrelationen jedoch relativ niedrig. Private Assets ermöglichen zudem Zugang zu kleineren, jüngeren Unternehmen, die häufig größeres Wachstumspotenzial bieten als Unternehmen, die bereits an der Börse gelistet sind. Private Assets sind jedoch nicht auf dieses Segment beschränkt. Der Markt ist riesig und vielfältig, sämtliche Risikoausrichtungen sind möglich.
Das derzeitige Umfeld begünstigt einige Private-Markets-Segmente. Tékété hält beispielsweise die Bereiche Direct Lending, Distressed Lending für risikofreudigere Anleger, aber auch Secondaries für attraktiv. „Solche taktischen Möglichkeiten wird es immer geben. Privatmarktanlagen sollte man aber langfristig betrachten. Die Kapitalzusagen werden oft über mehrere Jahre abgerufen. Bis das Geld überhaupt zum Arbeiten kommt, kann sich die Marktsituation schon wieder geändert haben. Der Markt lässt sich nicht terminieren“, so der Bergos-Experte. Er empfiehlt daher, eher in langfristig aussichtsreiche Themen zu investieren, wobei es sich letztlich um die gleichen wie auf der liquiden Seite handelt. Dazu zählen zum Beispiel demografische Themen wie Gesundheit oder strukturelle Wachstumsthemen wie Logistik, IT-Infrastruktur, Elektromobilität oder die Energiewende. Tékété: „Solche Themen lassen sich über Private Assets oft noch klarer und direkter spielen als über Aktien, wo häufig in breiter aufgestellte Konzerne investiert werden muss.“