Der Ausbruch der Pandemie stellte vieles in der globalen Wirtschaftswelt auf den Kopf – auch den Infrastrukturbereich. Betreiber von Flughäfen und Mautstraßen erlitten aufgrund der Reisebeschränkungen Umsatzeinbrüche. Demgegenüber zählten Anbieter der digitalen Infrastruktur und erneuerbare Energieerzeuger zu den Pandemie-Gewinnern. Allein die Umstellung auf Home-Office heizte die Nachfrage nach Cloud-Diensten an, das Datenvolumen stieg zudem deutlich an. Verständlich, dass die Aktien von Mobilfunkmasten-Betreibern in Nordamerika und Europa im Vorjahr zwischen zehn und knapp 50 Prozent zulegen konnten, betont Manoj Patel, Co-Head Infrastructure Securities der DWS.
Das erklärt auch die teils recht unterschiedlichen Wertentwicklungen bei den Branchenfonds, je nachdem, wo die Experten ihren Schwerpunkt setzen (siehe Tabelle auf Seite 24). Vieles spricht in diesem Jahr allerdings für einen breit gefachten Aufschwung in der Infrastrukturbranche. Die Impfwellen rollen auf Hochtouren, damit könnten Reisen ab dem zweiten Halbjahr 2021 möglich sein. Die Digitalisierung sowie der Trend zur Dekarbonisierung halten an. Weil auch das globale Wirtschaftswachstum zügig anziehen dürfte – der Internationale Währungsfonds rechnet 2021 mit einem Plus von 5,4 Prozent – wird der Energieverbrauch ebenfalls wieder steigen.
Moderne Infrastruktur für mehr Wachstum
Klar ist auch, dass ein vernünftiges Wachstum nur mit einer modernen Infrastruktur gelingt. Dabei gibt es unterschiedliche Trends. In den Schwellenländern schreitet die Urbanisierung voran, das erfordert neue Netze, Leitungen und ein breit angelegtes Abfallsystem. In vielen entwickelten Ländern stehen hingegen Erneuerungen an, während die grünen Pläne der Politik weltweit den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft fördern – und damit den Ausbau nachhaltiger Infrastruktur.
Schon Ende 2019 verabschiedete die Europäische Union den „Green Deal“, mit dem Ziel, bis 2050 die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null in der Region zu senken. Auch US-Präsident Joe Biden hegt ambitionierte „grüne“ Pläne. Werner Richli, Fondsmanager des CS (Lux) Infrastructure Equity Fund, zieht angesichts der Entwicklungen ein klares Fazit: „Um das CO2-Klimaneutralitätsziel 2050 zu erreichen, muss sich die globale Kapazität bei den erneuerbaren Energien um den Faktor sechs erhöhen. Wir stehen erst am Beginn eines enormen Wachstumsschubs“.
Diverse Strategien im Fokus
Dabei kann sich der Credit Suisse (Lux) Infrastructure Equity Fund langfristig behaupten und schaffte selbst auf ein Jahr ein ansehnliches Plus. Richli meint, die hohe Gewichtung der Telekommunikationsinfrastruktur und – aufgrund der eingeleiteten Klimaschutzmaßnahmen – die hohe Gewichtung von Versorgungsunternehmen habe sich während der Pandemie ausgezahlt.
Zu den größten Positionen zählte zuletzt etwa EDP Renováveis, das mehrheitlich im Besitz des portugiesischen Versorgers EDP-Energias de Portugal ist und den Schwerpunkt auf Windenergie legt. Die norwegische Scatec ist wiederum auf die Produktion von Solarstrom spezialisiert. In den USA mischt Hannon Armstrong Sustainable Infrastructure Capital im Bereich erneuerbare Energien mit. Insgesamt entfällt fast ein Drittel des Fonds auf letzteren Bereich. Obendrein hat sich die Untergewichtung im den Bereichen Transport- und Energietransportinfrastruktur als richtig erwiesen. Richli sagt aber auch, „Betreiber von Flug- und Frachthäfen, Mautstraßen oder Eisenbahnen verzeichneten infolge der Corona-Pandemie deutliche Kurskorrekturen, bieten aber attraktive Einstiegschancen.“
Einen anderen Weg schlägt Herbert Perus, Fondsmanager des Raiffeisen-Infrastruktur-Aktien, ein. Er meint, „der Fonds investiert in Unternehmen, die von öffentlichen Infrastrukturausgaben überproportional profitieren.“ Das erkläre auch, weshalb regional Schwellenländer und Europa vergleichsweise hoch gewichtet seien. Obendrein liegt das Hauptaugenmerk auf zyklische Unternehmen. Deren jüngste Rally hat dem Fonds auf ein Jahr ein ansehnliches Plus beschert. Zu den größten Positionen im Fonds gehörten zuletzt United Rentals aus den USA, das sich auf die Vermietung von Baumaschinen spezialisiert hat und „vergleichsweise günstig bewertet ist.“
Perus hat weitere Beispiele parat: „Das europäische Pendant dazu ist das britische Unternehmen Ashtead, das zusätzlich Industrieausstattungen vermietet.“ General Motors dürfte von der Umstellung der amerikanischen öffentlichen Fahrzeugflotte auf Elektromobilität profitieren, während Micron dazu die Halbleiter liefert.
Pure-Player im Mittelpunnkt
Im DWS Invest Global Infrastructure – wie auch bei manch anderen Mitwerbern – hinterließen die Folgen der Pandemie kurzfristig tiefere Spuren. Manoj Patel, Co-Head Infrastructure Securities der DWS, verweist auf den Investmentansatz im DWS-Fonds: Dieser konzentriere sich auf das „Pure-Play“-Universum. „Wir investieren in Aktien von Unternehmen, die mindestens 70 Prozent ihres freien Cashflows durch den Besitz und Betrieb von Infrastrukturanlagen generieren.“ Doch wie sieht dies in der Praxis aus? Die größte Gewichtung entfällt auf Unternehmen, die im Transport sowie in der Lagerung von Öl und Gas tätig sind. Abgedeckt wird solch ein Thema etwa mit Cheniere Energy und Williams Companies. Die Firmen wurden vom Einbruch der Energienachfrage vor rund einem Jahr hart getroffen.
Auch Strom- und Gasversorger spielen eine gewichtige Rolle. Patel präzisiert: „Wir konzentrieren uns auf regulierte Versorger, die als „Asset Owner“ weniger empfindlich auf externe Risikofaktoren, wie zum Beispiel die Rohstoffpreise, reagieren. Es handelt sich damit um unabhängige Stromerzeuger und diversifizierte Versorger.“
Überhaupt seien die Energieversorgungsunternehmen im Fonds in einer stark regulierten Branche tätig. Die Nachfrage nach ihren Dienstleistungen sei zudem sehr unelastisch, da sie für die wirtschaftliche Stabilität und das tägliche Leben von grundlegender Bedeutung seien, meint Patel. Er sagt, „diese Versorger neigen dazu, stabile und vorhersehbare Erträge und Dividenden zu erzielen.“ Der DWS-Experte wirft auch einen Blick in die Zukunft für diesen Bereich und meint, „die anhaltenden Investitionen in erneuerbare Energien werden neue Ausbauten erfordern, die sich auf die Verbesserung bestehender elektrischer Übertragungsnetzsysteme konzentrieren, um neue Energiequellen anzuschließen und das breitere Netz zu stärken.“
Der Fonds hat aber auch die Digitalisierung im Fokus. Allein die zweitgrößte Branchengewichtung entfällt deshalb auf ganz spezielle Immobilienfonds – sogenannte Reits. Deren Geschäftsmodelle sind vielfältig, im Fall der Fondspositionen dreht es sich rund um die Vermietung von Handymasten. Konkret sind dies beispielsweise American Towers und SBA Communications.
Hinzu kommt bei Infrastrukturinvestments eine grundsätzliche Eigenschaft: Viele Einrichtungen bieten einen guten Inflationsschutz, denn Gebühren und Konzessionsverträge sind oftmals an die Inflation gekoppelt. Solche eine Eigenschaft dürfte im aktuellen Umfeld, in dem mit einer steigenden Teuerungsrate gerechnet wird, von Vorteil sein.