Target, Home Depot, Dollar Tree, Lowe’s, Dollar General, Foot Locker, Macy’s: Diese US-amerikanischen Unternehmen haben zwei Dinge gemeinsam. Sie sind alle im Einzelhandel tätig und haben in jüngster Zeit ihre Wachstumserwartungen für dieses Jahr nach unten korrigiert, insbesondere bei den Umsatzzahlen. Zur Erklärung dieser schwächeren Aussichten äußerten sich alle auf ähnliche Weise: Das deutliche Nachlassen der Nachfrage seitens der Verbraucher dürfte sich auch in den kommenden Monaten fortführen.
PREISANSTIEG UND STAGNIERENDE LÖHNE
Diese schwächere Konsumlaune der amerikanischen Haushalte lässt sich mit zwei Faktoren erklären. An erster Stelle steht die Tatsache, dass die Preise weiter gestiegen sind, obwohl sich die Inflation abgeschwächt hat. Sie sind mittlerweile auf Niveaus geklettert, die die Kaufkraft der Haushalte zu sehr beeinträchtigen, während das Wachstum der Reallöhne, d. h. die Lohninflation abzüglich der Inflation der Verbraucherpreise, weiterhin negativ ist. Dies führt zu einem Rückgang der Einkaufsmengen und sinkenden Ausgaben, was durch eine Verlagerung in Richtung Billigprodukte noch verstärkt wird. Dieses Phänomen bestätigte auch der Einzelhandelsriese Walmart. Er gehört zu den wenigen Unternehmen des Sektors, die ihre Prognosen nicht nach unten korrigiert haben, betont aber dennoch diese Verhaltensänderung bei den Verbrauchern.
Der zweite Grund für dieses Abflauen der Nachfrage ist in den Folgen der Coronakrise zu finden. Aufgrund von Lockdowns, gesundheitsschutzbedingten Beschränkungen und diversen Schließungen ist der Dienstleistungssektor fast zwei Jahre lang auf der Stelle getreten, was wiederum zu einem übermäßigen Waren-Konsum geführt hat. Doch vor einigen Monaten setzte die Trendwende ein. Die Kundenfrequenz im Einzelhandel ging zurück, während die Nachfrage nach Tourismus- und Freizeitdienstleistungen weiterhin hoch ist. Man könnte also meinen, dass die Einbußen bei den großen Einzelhandelsketten aus makroökonomischer Sicht gar nicht so beunruhigend sind, da sich der Konsum der Haushalte lediglich auf einen anderen Bereich verlagert hat. Die Realität sieht allerdings anders und durchaus weniger rosig aus.
In den vergangenen Quartalen wurde der Konsum in den USA nämlich von der Verwendung überschüssiger Ersparnisse aus der Coronakrise angetrieben. Diese sind jedoch mittlerweile insgesamt um mindestens zwei Drittel zurückgegangen und bei den weniger wohlhabenden Haushalten sogar noch stärker. Zudem bieten die Frühindikatoren zu den Konsumgewohnheiten kaum Anlass zur Zuversicht: Laut den Umfragen geht das Verbrauchervertrauen zurück und die Sparquote steigt.
PRIVATER KONSUM ENTSCHEIDEND
Die künftige Dynamik des privaten Konsums wird für die amerikanische Wirtschaft von entscheidender Bedeutung sein. Zum einen strukturell, weil dieser mehr als zwei Drittel des amerikanischen BIP ausmacht. Zum anderen konjunkturell, weil die Privathaushalte im ersten Quartal die einzige Stütze des amerikanischen Wachstums waren. Wenn die US-Verbraucher ihre Ausgaben weiter zurückschrauben, während der Arbeitsmarkt erste Anzeichen einer Trendwende zeigt, kann man sich nur schwer vorstellen, was die US-Wirtschaft in den kommenden Monaten vor einer Rezession bewahren könnte.