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Was die Immobilienmärkte vergiftet

März 2023
Die Folgen steigender Zinsen auf den Immobilienmarkt sollten nicht unterschätzt werden, mahnt Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE.
ODDO BHF SE
Jan Viebig, ODDO BHF SE

Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, analysiert, wie die steigenden Zinserwartungen in den USA und Europa den Immobilienmarkt belasten. Die Kombination aus steigenden Preisen und steigenden Zinsen sei Gift für die Immobilienmärkte. Sie mache das Bauen teurer und viele Immobilienprojekte unrentabel:

Die entscheidenden Gründe für die geänderten Zinserwartungen sind die unerwartet festen Arbeitsmarktdaten und die überraschend hohe Kerninflation. Der Arbeitsmarkt in den USA zeigt sich so fest, wie schon lange nicht mehr: 517 Tausend Arbeitsplätze sind im Januar geschaffen worden. 11 Millionen offene Stellen bei 5,7 Millionen Arbeitslosen verzeichnete der amerikanische Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote liegt bei 3,4 Prozent. Der hohe Beschäftigungsstand sorgt für eine hohe Nachfrage seitens der privaten Haushalte, was tendenziell die Inflation steigen lässt. Zudem müssen Arbeitgeber höhere Löhne bezahlen, um Arbeitskräfte anzulocken. Es droht eine Lohn-Preis-Spirale in den USA.

Der Personal Consumption Expenditures (PCE)-Preisindex spiegelt die Preissteigerungen der persönlichen Konsumausgaben in den USA. Die jüngsten PCE-Daten haben an den Märkten für Unruhe gesorgt: Er ist im Januar auf Jahresbasis um 5,4 Prozent gestiegen. Dabei hatten die Märkte für den Januar einen Rückgang auf 4,9 Prozent erwartet.

INFLATION UNERWARTET HOCH

Aber auch in Europa bleibt die Teuerung unerwartet hoch. In Frankreich erreichte die Steigerung der Verbraucherpreise im Februar im Vergleich zum Vorjahr einen Rekordwert von 7,2 Prozent und damit mehr als die 7 Prozent, mit denen die Volkswirte gerechnet hatten. Für Spanien wurde eine Abschwächung der Teuerung erwartet. Tatsächlich zogen die Verbraucherpreise dort im Durchschnitt um 6,1 Prozent an. Für den Euroraum wurde am Donnerstag ein Anstieg des harmonisierten Verbraucherpreisindex von 8,5 Prozent veröffentlicht.

Die Kombination aus steigenden Preisen und steigenden Zinsen ist Gift für die Immobilienmärkte. Sie macht das Bauen teurer und viele Immobilienprojekte unrentabel. Seit Juni 2022 sind die Preise für Bestandsimmobilien in Deutschland um rund 8 Prozent gesunken. Gleichzeitig geht die Zahl der Bauanträge zurück. Auch Baufinanzierungen sind weniger gefragt. Nach Angaben der Schufa wurden 2022 nur etwa halb so viele Hypothekenkredite abgeschlossen wie ein Jahr zuvor.

Noch ausgeprägter ist der Rückgang auf den amerikanischen Immobilienmärkten. Die klassische Wohnimmobilie ist dort das auf Hypothek gekaufte Einfamilienhaus. Die Zinsen für 30-jährige Hypothekenzinsen in den USA sind Anfang März auf über 7 Prozent gestiegen. Die Zahl der Verkäufe von Bestandsimmobilien ist in den USA zuletzt deutlich eingebrochen. Von knapp 6 Millionen Transaktionen im Januar vergangenen Jahres ist die Zahl auf rund 4 Millionen gefallen laut der National Association of Realtors. Das ist der niedrigste Wert seit Anfang 2010. Die Zahl der Neubauten fiel im vergangenen Jahr um 35 Prozent. Private Investitionen in den Hausbau sind auf ein mehrjähriges Tief gefallen: Die realen privaten Investitionen im Wohnungsbau sind im vergangenen Jahr um 20 Prozent gesunken und liegen nun auf dem niedrigsten Stand seit Ende 2015.

Die durchschnittlichen Häuserpreise in den USA sind im Vergleich zu den verfügbaren Einkommen in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Immobilienpreise in den USA fallen, da sich viele Amerikaner den Traum eines Eigenheims angesichts hoher Immobilienpreise und stark gestiegener Hypothekenzinsen nicht mehr leisten können.