Die größte Herausforderung, der sich globale Tech-Investoren in naher Zukunft gegenübersehen, ist das Konzentrationsrisiko, heißt es in einem aktuellen Marktkommentar der Union Bancaire Privée (UBP). Die drei größten Titel des MSCI World Information Technology Index – Microsoft, Apple und Nvidia – machen insgesamt 45 Prozent aus; und die fünf größten Kunden von Nvidia stehen für 45 Prozent des Umsatzes des Unternehmens. „Zur Überraschung der meisten Anleger sind die anderen vier Aktien der „Magnificent 7“ gar nicht in diesem Index vertreten. Sie fallen in die Sektoren Kommunikationsdienste bzw. zyklische Konsumgüter. Anleger, die über eine passive Lösung ein Engagement im globalen Technologiesektor anstreben, sind daher einem hohen Konzentrationsrisiko ausgesetzt“, führen die Senior-Portfoliomanager Fares Benouari und Bettina Baur aus dem Swiss & Global Equity Team der UBP aus.
Anleger fragen sich, ob sie nach der Anfang 2023 begonnenen Rallye noch in den Technologiesektor investieren sollen oder ob sich die Bewertungen schon auf dem Niveau einer Blase bewegen. „Während dies für die am wenigsten profitablen Aktien und Segmente zutreffen mag, finden wir auf Sektorebene keine derartigen Anzeichen“, schreiben die Aktienexperten der UBP. Mit einem 12-Monats-KGV von 25 werde der Nasdaq 100 mit einem Aufschlag von fünf Prozent auf seine 5-Jahres-Historie gehandelt, 15 Prozent unter seinem Höchststand von 30 im Jahr 2020 und auf einem viel niedrigeren Niveau als während der „Tech Bubble“. Die beiden Fondsmanager sind nicht besonders besorgt über die Bewertung. Sie glauben, dass diese durch sich verbessernde Fundamentaldaten gestützt wird: „Das EPS-Wachstum des Sektors wird sich bis 2024 auf 18 Prozent beschleunigen, während das Niveau der operativen Rentabilität gemessen am CFROI® im nächsten Jahr die Zehnprozent-Marke überschreiten wird, das höchste Niveau seit 1997.“
Benouari und Baur verweisen darauf, dass das Fintech-Segment insgesamt immer noch unter den historischen Durchschnittswerten gehandelt werde, aber eine große Spreizung bei der Bewertung zwischen den Segmenten und sogar innerhalb der Segmente existiere. Am deutlichsten sei dies im Zahlungsverkehrssegment zu beobachten, wo sich Namen wie Global Payments und Nexi kaum erholt hätten. Sie werden noch im niedrigen Zehnerbereich gehandelt, während die Kartennetzwerke wieder in ihrem langjährigen Mittel zwischen 30 und 35 notieren und die digitalen Disruptoren wie Adyen oder MercadoLibre mit einem Multiplikator von über 40 gehandelt werden – was allerdings immer noch unter ihren längerfristigen Durchschnittswerten liege. „Der Zahlungsverkehr als größter und profitabelster Teil des Fintech-Sektors wird nach wie vor durch strukturelle Wachstumstreiber wie den Übergang zu elektronischen Zahlungen unterstützt. Während die Pandemie diesen Übergang im B2C-Bereich beschleunigt hat, steckt die Digitalisierung des B2B -Zahlungsverkehrs noch in den Kinderschuhen“, so die Aktienexperten der UBP. Auch in anderen Teilsegmenten z. B. bei Daten- und Softwareanbietern sowie Plattformen gebe es attraktive Chancen. Darüber hinaus könnte die zunehmende Akzeptanz und Nutzung von KI für viele Fintech-Unternehmen zu einem Effizienzfaktor werden und längerfristig Aufwärtspotenzial für die im Durchschnitt bereits sehr attraktiven Margen bieten. „Der Fintech-Sektor weist zwar eindeutig ein hohes Marktrisiko auf, bietet aber sichtbares Wachstum und Wertschöpfung. Der Bereich könnte zur Diversifizierung eines Engagements im Technologiesektor oder als Alternative zu einem Engagement im traditionellen Finanzdienstleistungssektor genutzt werden, der die digitale Transformation nicht anführt.“
Um das Konzentrationsrisiko zu verringern, diversifizieren die UBP-Manager und suchen nach Chancen in Segmenten, die außen vor gelassen wurden, aber dennoch eine hohe Wertschöpfung aufweisen. „Wichtig ist, dass unsere Definition von „Technologie“ über die strenge Auswahl des Index hinausgeht, was uns die Flexibilität gibt, qualitativ hochwertige Aktien in verschiedenen Segmenten wie Fintech und E-Commerce auszuwählen und selektiv in jedes der „Magnificent 7“ zu investieren – auch in solche, die nicht im Index vertreten sind“, so Benouari und Baur. „Abgesehen von kurzfristigen Erwägungen sollten sich Tech-Investoren damit trösten, dass ihr Lieblingssektor derjenige bleiben wird, in dem sich menschlicher Einfallsreichtum und Kreativität am besten widerspiegeln, was zu einer überdurchschnittlichen Wertschöpfung, gemessen am CFROI, und damit zu einer starken Performance über den Zyklus hinweg führt.“